Armut ist kein Verbrechen: HEKS erfreut über Ständerat-Ja

14. Juni 2023

Menschen ohne Schweizer Pass, die schon mindestens 10 Jahre in der Schweiz leben, sollen bei unverschuldetem Sozialhilfebezug nicht länger aufenthaltsrechtliche Konsequenzen befürchten müssen: der Ständerat befürwortet die parlamentarische Initiative. HEKS zeigte sich erfreut über den richtungsweisenden Entscheid.

Die Sozialhilfe hat die Aufgabe, Menschen vor Armut und Ausgrenzung zu schützen und allen ein Leben in Würde zu garantieren, so das HEKS in einer Medienmitteilung. Dies sei in der Bundesverfassung festgeschrieben und gelte für alle, unabhängig ihrer Herkunft.

Dieses Anrecht auf Hilfe werde aber seit 2019 durch das Ausländer- und Integrationsgesetz stark eingeschränkt, so das Hilfswerk weiter. Heute müssten armutsbetroffene Personen ohne Schweizer Pass um ihre Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung fürchten, wenn sie Sozialhilfe beziehen, selbst wenn sie schon länger als zehn Jahre in der Schweiz lebten.

HEKS beobachte in seiner täglichen Arbeit, wie Menschen ohne Schweizer Pass, die Sozialhilfe beziehen, enorm unter der Androhung aufenthaltsrechtlicher Konsequenzen litten. Der psychische Druck mache krank, erschwere die soziale Teilhabe und den beruflichen Wiedereinstieg, so die Mitteilung.

Viele verzichteten aus Angst sogar ganz auf den Bezug von Sozialhilfe und verschuldeten sich stattdessen. Die Folgen des Verzichts auf Sozialhilfe seien höchst prekäre Lebenssituationen. Auf notwendige ärztliche Behandlungen werde verzichtet, die berufliche Integration werde weiter erschwert. Besonders betroffen seien dabei Familien und Alleinerziehende mit Kindern.

Mit der parlamentarischen Initiative von Nationalrätin Samira Marti (SP) sei dem Parlament ein pragmatischer Lösungsvorschlag vorgelegt worden, so das HEKS. Sie fordert, dass aufenthaltsrechtliche Konsequenzen aufgrund von Sozialhilfebezug nach zehn Jahren ordnungsgemässem Aufenthalt in der Schweiz nicht mehr möglich sind, es sei denn, die betroffene Person hat die Situation, die zur Sozialhilfebedürftigkeit geführt hat, mutwillig herbeigeführt oder mutwillig unverändert gelassen.

Eine solche Gesetzesänderung könne die aktuell prekäre und menschenunwürdige Situation für viele betroffene Menschen entschärfen. HEKS zeigte sich erfreut, dass der Ständerat diese Chance ergreife und mit seinem positiven Entscheid ein konkretes Vorwärtskommen bei der Armutsbekämpfung in der Schweiz ermögliche.