„Armut ist kein Verbrechen“: HEKS fordert Verbesserung der Gesetzesreform

17. März 2025

Das Hilfswerk der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (HEKS) unterstützt die Initiative „Armut ist kein Verbrechen“, fordert aber deutliche Schritte, damit unverschuldeter Sozialhilfebezug kein Ausweisungsgrund bleibt.

Mit seiner aktuellen Stellungnahme zur parlamentarischen Initiative „Armut ist kein Verbrechen“ macht das Hilfswerk der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (HEKS) deutlich, wie groß der Handlungsbedarf bei der Armutsbekämpfung ist, wenn Menschen ohne Schweizer Pass im Fokus stehen. „Wir beobachten, dass viele Migrantinnen und Migranten trotz Anspruch auf Sozialhilfe darauf verzichten, nur um negative Konsequenzen für ihren Aufenthaltsstatus zu vermeiden“, heißt es in dem Dokument. Dieser Verzicht führe oft zu teils drastischen Folgen: Schulden häuften sich an, Wohnungen würden gekündigt, medizinische Behandlungen blieben aus. Zudem verstärke sich die soziale Isolation – eine Entwicklung, die auch für die Gesellschaft als Ganzes problematisch sei.

Die Initiative „Armut ist kein Verbrechen“, die bereits von beiden Parlamentskammern angenommen wurde, solle nach Ansicht des Hilfswerks dafür sorgen, dass Menschen nach einer gewissen Aufenthaltsdauer – ursprünglich zehn Jahre – nicht mehr um ihre Aufenthaltsbewilligung fürchten müssen, wenn sie unverschuldet Sozialhilfe beziehen. Denn laut HEKS werde das Misstrauen gegenüber ausländischen Sozialhilfebeziehenden vielerorts pauschal geschürt: „Es kommt regelmäßig zu pauschalen Warnungen oder Überprüfungen, unabhängig davon, ob ein Missbrauchsverdacht tatsächlich vorliegt.“ Diesen Mechanismen zu begegnen, bedeute nicht nur, die Würde des Einzelnen zu schützen, sondern auch die Glaubwürdigkeit der Sozialhilfe als Instrument der Armutsbekämpfung zu erhalten.

Besonders kritisch beurteilt HEKS, dass der vorliegende Gesetzentwurf statt des ursprünglich vorgesehenen Begriffs „Mutwilligkeit“ nun von „eigenem Verschulden“ spricht. Dadurch drohe eine Ausweitung der behördlichen Ermessensspielräume zu Lasten Betroffener. „Wir brauchen klare Kriterien, damit nur jene zur Verantwortung gezogen werden, die wissentlich und absichtlich Sozialhilfe missbrauchen“, argumentiert das Hilfswerk. Die Wiedereinführung einer Schutzfrist von zehn Jahren hätte aus Sicht von HEKS einen zusätzlichen Benefit: Wer sich bereits lange in der Schweiz befinde und stark verwurzelt sei, dürfe nicht wegen finanzieller Not die Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung verlieren.

HEKS unterstreicht, dass Rechts- und Planungssicherheit entscheidend sind, um Menschen in Armutssituationen wirksam zu helfen. Wenn aber ausländerrechtliche Sanktionen drohten, weiche echte Integration dem Bestreben, sich in prekären Verhältnissen gänzlich unsichtbar zu machen. „Das dient niemandem“, so das Fazit. Gleichzeitig betont das Hilfswerk, dass gerade der umfassende Schutz für die Schwächsten ein ureigenes Anliegen kirchlichen Engagements darstelle. Der Grundsatz „Armut ist kein Verbrechen“ dürfe kein bloßes Lippenbekenntnis bleiben, sondern müsse sich in der Gesetzgebung und Verwaltungspraxis klar abbilden. Andernfalls wirke die Initiative zwar gut gemeint, aber unzureichend: „Wir haben die Chance, Menschen tatsächlich vor Ausgrenzung zu bewahren – sie sollte jetzt entschlossen genutzt werden.“