Comparis: Kaum eine Stadtwohnung ist rollstuhlgängig
Barrierefreies Wohnen ist noch nicht in den Deutschschweizer Städten angekommen: Nur 5,8 Prozent der Stadtwohnungen sind rollstuhlgängig. Am wenigsten barrierefreie Wohnungen gab es im Jahr 2016 in Basel mit 1,6 Prozent, am meisten in Biel mit 6,8 Prozent. Dies zeige eine Analyse von Inseraten für Familien- und Singlewohnungen in den grössten Deutschschweizer Städten, so Comparis.ch in einer Mitteilung:
Rollstuhlfahrer sind mehr als andere Menschen auf eine barrierefreie Infrastruktur, ein gutes medizinisches Angebot und ein vertrautes Umfeld angewiesen. Das bedingt oft ein Wohnen in der Stadt oder zumindest in Stadtnähe. comparis.ch hat Wohnungsinserate von sieben Schweizer Städten auf ihre Rollstuhlgängigkeit analysiert und festgestellt, dass 2016 nur jede siebzehnte Stadtwohnung als «rollstuhlgängig» inseriert wurde.
Fast keine rollstuhlgängigen Wohnungen in Basel und Zürich
Auffällig: In Basel gab es sowohl 2015 als auch 2016 am wenigsten barrierefreie Wohnungen. Hier wurden 2016 nur gerade 1,6 Prozent der Wohnungen als rollstuhlgängig deklariert. Das sind im Vergleich zum Jahr 2015 sogar rund 1 Prozent weniger. Auch Zürich und Bern schneiden mit 2,8 respektive 3,6 Prozent barrierefreien Wohnungen schlecht ab. «Die Zahlen zeigen, dass es für Rollstuhlfahrer aufgrund der verschwindend kleinen Auswahl ungleich schwerer ist, eine passende Wohnung zu finden, als für Menschen ohne Rollstuhl», erklärt Nina Spielhofer, Mediensprecherin Immobilen & Wohnen bei comparis.ch
Biel hat am meisten rollstuhlfreundliche Wohnungen
In Biel findet man mit 6,8 Prozent die grösste Auswahl an rollstuhlgängigen Wohnungen. Mit 5,2 Prozent hat auch Luzern im Vergleich zu anderen Städten ein relativ grosses Angebot vorzuweisen. In Winterthur sind 4,6 Prozent aller Wohnungen rollstuhlgängig, in St. Gallen noch 4 Prozent. «Es ist auffällig, dass die eher kleineren Städte ein grösseres Angebot für Rollstuhlfahrer haben», sagt Spielhofer. Das insgesamt dürftige Angebot könne wohl damit erklärt werden, dass es laut Behindertengleichstellungsgesetz erst ab Wohnbauten mit 9 Wohnungen obligatorisch ist, einen Lift einzubauen.
Einzelpersonen sind benachteiligt
Für Rollstuhlfahrer ist es einfacher, eine 4 bis 5,5-Zimmer-Wohnung zu finden als eine kleinere Wohnung mit 2 bis 3,5 Zimmern. Diesen Unterschied sieht man in Biel am deutlichsten: 12,2 Prozent der grösseren Wohnungen sind rollstuhlgängig, während dies bei nur 3,4 Prozent der kleineren Wohnungen der Fall ist. «Personen im Rollstuhl, die alleine eine Wohnung suchen, sind aus Budgetgründen oft auf eine kleinere, günstigere Wohnung angewiesen. Sie sind deshalb bei der Auswahl an Wohnungen in allen Städten stark eingeschränkt», resümiert Spielhofer.
Methodik
Analysiert wurden Inserate von Mietwohnungen der Jahre 2015 und 2016 für die Städte Basel, Bern, Zürich, Luzern, Biel, Winterthur und St. Gallen, welche in der Immobilien-Suchmaschine von comparis.ch erschienen sind. Diese fasst Inserate der 17 grössten Immobilien-Plattformen der Schweiz zusammen und bietet damit das grösste Online-Angebot an Immobilien in der Schweiz. Ausgewertet wurde, wie viele der Inserate als rollstuhlgängig deklariert wurden. Diese Angabe macht der Inserent freiwillig. Wird keine Angabe gemacht, gilt die inserierte Wohnung als „nicht rollstuhlgängig“. Analysiert wurden 2 bis 3,5-Zimmer-Wohnungen: 41 bis 80 m2 und 4 bis 5,5-Zimmer-Wohnungen: 81 bis 120 m2. Laut Procap Schweiz (grösste nationale Mitgliederorganisation für Menschen mit Behinderungen) sind dies die von Rollstuhlfahrern am meisten gesuchten Wohnungen für Einzelpersonen und Mehrpersonenhaushalte.