Das Gottlieb Duttweiler Institut (GDI) in Rüschlikon beschreibt in einem aktuellen Trend-Update den sogenannten Donut-Effekt, der seit der Corona-Pandemie Stadtzentren weltweit vor neue Herausforderungen stellt. Der Begriff steht für die zunehmende Verlagerung von Wohnen, Arbeiten und Konsum in die Peripherie – mit der Folge, dass Innenstädte ausdünnen und Randlagen erstarken. Diese Entwicklung sei nicht neu, habe aber durch die Pandemie einen deutlichen Schub erhalten, so das GDI.
Wesentliche Treiber dieses Effekts seien die anhaltende Digitalisierung der Arbeitswelt, gestiegene Mietpreise und ein wachsendes Bedürfnis nach Wohn- und Lebensqualität. Statt wie früher täglich in die Kernstadt zu pendeln, würden viele Menschen heute vermehrt in dezentralen Lagen arbeiten – etwa im Homeoffice oder in Coworking-Spaces in Wohnnähe. Gleichzeitig entstehen dort neue Konsumangebote, wodurch sich das Zentrum des wirtschaftlichen Lebens verschiebe. „Der Konsum folgt dem Wohnort“, heisst es in der Analyse des Instituts.
Die Folge sei eine Transformation urbaner Infrastrukturen. Einkaufsstrassen in Innenstädten verlören an Frequenz, während in Quartieren, Agglomerationen und suburbanen Räumen neue Hotspots entstünden. Das GDI verweist dabei auf internationale Beispiele: In New York habe sich die Bevölkerungsdichte in Manhattan reduziert, während sie in den Aussenbezirken steige. Ähnliches lasse sich in europäischen Städten beobachten – auch in der Schweiz. Dort profitierten besonders Orte mit guter Verkehrsanbindung, Nähe zur Natur und lokalem Versorgungsangebot.
Diese Entwicklung stelle Städteplanerinnen und Städteplaner sowie Einzelhändlerinnen und Einzelhändler vor neue Aufgaben. Klassische Innenstädte müssten ihre Funktion überdenken, um nicht in die Bedeutungslosigkeit abzugleiten. Das GDI plädiert für eine Neupositionierung der Zentren als Orte der Begegnung, der Kultur und der Identität. „Es geht nicht mehr nur um Shopping, sondern um Sinn“, betont das Institut.
Gleichzeitig warnen die Autorinnen und Autoren des Berichts vor einer Polarisierung zwischen erfolgreichen Peripherien und vernachlässigten Innenstädten. Besonders kleinere und mittlere Städte könnten durch den Donut-Effekt unter Druck geraten, wenn es nicht gelinge, kreative Konzepte und neue Nutzungsformen für ihre Zentren zu etablieren.
Das GDI sieht im Trend jedoch auch Potenzial: Mit neuen Mobilitätslösungen, flexibler Stadtentwicklung und partizipativen Prozessen könnten Städte resilienter und lebenswerter werden. Entscheidend sei, so die Analyse, dass Stadt und Umland nicht als Gegensätze, sondern als sich ergänzende Teile eines Gesamtorganismus verstanden werden. Nur so lasse sich der Donut-Effekt produktiv gestalten und die Stadt der Zukunft neu denken.