Luzern: Das Ziel der Diakonie ist umfassende Gerechtigkeit
Diakonie engagiert sich für Recht und Gerechtigkeit im Wissen um die Würde eines jeden Menschen, betont das Konzept „Blickpunkt Diakonie“ der Reformierten in Luzern. Ihr Ziel ist eine „umfassende Gerechtigkeit“.
„Der Weg der Diakonie wird von Menschen begangen, welche die Vision einer menschlichen und gerechten Welt teilen“. Was am Schluss des Diakoniekonzeptes der Luzerner Reformierten steht, ist schön formuliertes Motto der Diakonie an sich: „Diakonie sucht Menschen auf, kommt auf sie zu und ist ihnen nahe“.
2010 hat der Synodalrat der Reformierten Kirche Kanton Luzern die Erarbeitung eines Diakoniekonzeptes als Legislaturziel ausgerufen. Diakonie sollte gestärkt, verfassungsrelevante diakonische Themen evaluiert werden. Eine Arbeitsgruppe wurde mit einer Sozialdiakonin, Pfarrern und Behördenmitgliedern aus Stadt-, Agglomerations- und Landgemeinden besetzt, um eine fundierte Meinungsbildung zu erreichen. Das Wahrnehmen der individuellen Situation vor Ort und die Frage der Realisierbarkeit hätten die Arbeit der Gruppe sowie das Konzeptpapier geprägt, heisst es in der Einleitung.
Material
Im heutigen Sprachgebrauch wird der Begriff Diakonie in der Schweiz selten und fast ausschliesslich im kirchlichen Umfeld gebraucht.
Diakonie „ist in der Tradition der Kirche verwurzelt, handelt in unserer Gegenwart im direkten Kontakt mit den Menschen und weist mit ihrem Tun und ihrer Stimme auf ihre Vision, die von Gerechtigkeit, Friede und Menschenwürde geprägt ist“, so das Diakoniekonzept Luzern. „Somit ist Diakonie ein Grundauftrag an die Kirche, in Wachsamkeit und Zugewandtheit in Bewegung zu sein.“
Der Begriff Diakonie
Im heutigen Sprachgebrauch werde der Begriff Diakonie in der Schweiz „selten und fast ausschliesslich im kirchlichen Umfeld gebraucht“, stellen die Autoren fest. Auch kirchenintern werde der Begriff unterschiedlich verwendet und gedeutet. So erklärten Menschen im kirchlichen Umfeld den Begriff häufig mit kirchlicher Sozialarbeit und füllten ihn nach ihrer individuellen Vorstellung christlichen Handelns. Eng damit verbunden seien die Begriffe „Solidarität“, „Nächstenliebe“, „Gerechtigkeit“ und „Spiritualität“.
Diakonie „unterstützt Menschen, besonders in existenziellen Nöten, kümmert sich um die psychosoziale Gesundheit und fördert die Beheimatung“, so das Konzept. Partizipation und Begegnung auf Augenhöhe bestimmten das solidarische Handeln, das von der Gleichwertigkeit aller Menschen ausgehe: „Diakonie engagiert sich für Recht und Gerechtigkeit im Wissen um die Würde eines jeden Menschen. Ihr Ziel ist eine umfassende Gerechtigkeit.“ Notlagen und deren strukturelle Ursachen würden benannt und Verbesserungen angestrebt.
Laut Diakoniekonzept Luzern geschieht Diakonie auf den Menschen hin, in Kirche und Gesellschaft hinein und in Zusammenarbeit und Vernetzung mit Institutionen und Organisationen. Sie „bezieht Stellung und fördert Veränderungsprozesse gesellschaftlicher Strukturen“. Schliesslich verbinde Diakonie Menschen „im gegenseitigen Für- und Miteinander“.
Diakoniekonzept Luzern
Menschen, die subsidiär zum staatlichen Sozialdienst Sozialberatung benötigen, können sich in der Kirchgemeinde Luzern an die Sozialberatung wenden. Dank ihrer Autonomie und Verankerung vor Ort können Gemeinden „auf Veränderungsprozesse und den daraus resultierenden lokalen Herausforderungen reagieren und ihre Angebote anpassen“. Zunehmend werde jedoch die Vernetzung mit den politischen Standortgemeinden und zivilgesellschaftlichen Organisationen gesucht. Und gemäss Auftrag beziehen Kirchgemeinden „öffentlich Stellung zu Gunsten benachteiligter Menschen und Personengruppen“.
Seit 2014 werden Sozialdiakoninnen und Sozialdiakone in der Luzerner Kirche beauftragt und in ihr Amt eingesetzt. Pfarramt und Diakonat bilden „eine professionelle Partnerschaft“. Aufgrund ihrer Ausbildung hat die Sozialdiakonie dabei ihren Arbeitsschwerpunkt in der Sozial- und Gemeinwesenarbeit.
Viele Faktoren erschweren diakonische Arbeit
Der gesellschaftliche Wandel verändert die Rahmenbedingungen der Diakonie, betont das Konzept. So lebten immer mehr Personen in Luzern, „deren Lebensumstände von Strukturlosigkeit oder Heimatlosigkeit geprägt sind, die sich zurückgezogen haben, entwurzelt oder vereinsamt sind“. Vom Wandel betroffen seien jedoch auch die Kirchgemeinden selbst, so stelle die Gewinnung von Freiwilligen eine grosse Herausforderung dar. Viele solcher Faktoren erschwere die diakonische Arbeit. Dies fordere die Kirche in ihrer Gesamtheit auf, „die Stellung der Diakonie zu überdenken, ihr die entsprechenden Ressourcen zuzuweisen und ihr den entsprechenden Raum zu ermöglichen“. In der Öffentlichkeit würden die Kirchen heute vorwiegend als Leistungserbringer sozialer Dienste gesehen. „Es ist eine Chance und zugleich Herausforderung, die Rolle der Diakonie im Sozialstaat zu definieren und Akzente mit reformiertem Profil zu setzen“.
Diakonie macht Betroffene zu Beteiligten
Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts. Markige Worte zu Beginn des Diakoniekonzepts der Reformierten Kirchen beider Appenzell, das kürzlich vorgestellt wurde. Auf knapp 40 Seiten wird nachvollzogen, woher Diakonie kommt, wie sie wirkt und welche Themen sie verfolgt.