Sitzt ein Elternteil in Haft, ist dies für die Angehörigen eine grosse Belastung, so das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement EJPD in einer Medienmitteilung. Insbesondere auf die Entwicklung der Kinder könne eine längere Abwesenheit eines Elternteils erhebliche Auswirkungen haben.
Der UNO-Kinderrechtsausschuss habe in seinem Bericht von 2015 festgehalten, dass in der Schweiz nicht genügend Informationen zur Frage vorlägen, ob die Beziehungspflege von Kindern zu einem inhaftierten Elternteil gefördert werde. Der Bundesrat habe daraufhin die Verwaltung beauftragt, das Thema zu analysieren. Eine entsprechende Studie des Bundesamtes für Justiz floss nun in einen Bericht des EJPD dazu ein.
Der Bericht des EJPD anerkenne zwar, dass die Sensibilisierung der Akteure für das Thema in den letzten Jahren zugenommen habe, so die Mitteilung. Diverse Haftanstalten verfügten bereits über kinderfreundliche Besuchsmöglichkeiten oder planten, im Rahmen künftiger Bauprojekte solche einzurichten. In verschiedenen Vollzugseinrichtungen bestünden auch Elterngruppen für Inhaftierte, in denen die eigene Elternrolle sowie Erziehungskompetenzen zur Stärkung der Kinderbeziehung zum Thema gemacht würden.
Trotz positiver Anzeichen kommt der Bericht zum Schluss, dass bei der Situation von Kindern mit einem inhaftierten Elternteil in der Schweiz gesamthaft Lücken bestehen. In vielen Haftanstalten fehlten kinderfreundliche Besuchszimmer, und es existierten weder Statistiken zur Anzahl Kinder mit einem inhaftierten Elternteil noch Studien zu den Folgen, welche die Inhaftierung eines Elternteils für die Kinder haben könne, so die Mitteilung.
Gestützt auf diese Erkenntnisse präsentiert der Bericht mehrere Empfehlungen. Insbesondere sei die Sensibilisierung der Gesellschaft für die Thematik weiter zu fördern. Auch solle bei den involvierten Behörden ein stärkeres Bewusstsein für die möglichen Folgen der Inhaftierung eines Elternteils für deren Kinder geschaffen werden. Ziel sei es, die Kinderperspektive auf allen Ebenen mitzuberücksichtigen, also bei der Verhaftung des Elternteils, im Strafprozess, bei Entscheiden und im Vollzug, so der Bericht. Zudem sollten bei Neu- und Umbauten von Vollzugsanstalten die Bedürfnisse der Kinder konsequent mitgedacht werden.
Der Bericht empfiehlt weiter, die Forschung zur Thematik zu intensivieren und schweizweit Statistiken anzulegen. Weiter solle der Austausch und die Zusammenarbeit zwischen den involvierten Behörden im Bereich des Straf- und Massnahmenvollzug und des Kindesschutzes gefördert werden. Die interkantonalen Konferenzen erkenne ebenfalls Handlungsbedarf und prüfe entsprechende Massnahmen. Im Herbst 2023 soll ein durch das Bundesamt für Justiz initiierter interdisziplinärer Austausch stattfinden.