So lautet der Plan für das „Café unter den Bäumen“ der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Herisau. Besucherinnen und Besucher sollen von freiwilligen und angestellten Gastgeberinnen und Gastgebern bewirtet. „Wir schaffen Stellenprozente fürs Gastgebersein“, heisst es dazu im Projektantrag, den die Kirchgemeinde bei der Stiftung fondia eingereicht hat. Jüngst hat der fondia-Stiftungsrat dazu eine Finanzierung gesprochen.
Die christliche Gastfreundschaft, die im Diakoniekonzept der Appenzeller Landeskirche verankert ist, soll in Herisau gelebt werden, so die Projektverantwortlichen. Die Evangelisch-reformierte Kirche liege zentral, und sie sei ein sehr spezieller Ort, was die Natur im Dorfkern und was spirituelle Erfahrungsräume betreffe. Für den Aufbau, die Leitung und die Koordination der Freiwilligen wird nun eine geeignete Person gesucht, die mit einem Pensum von 20 bis 30 Prozent für drei Jahre angestellt werden soll.
„Unter den alten Kastanien lässt sich ein romantisches Zentrum von Herisau finden, mitten drin und doch geschützt. Der alte Kraftort in der Kirche mit dem neu gestalteten Meditationsraum und der alte Baumbestand laden ein, in Kontakt zu kommen“, so Renzo Andreani, Präsident der Kirchenvorsteherschaft. „Dieser Ort bietet ansprechenden Begegnungsraum zu unterschiedlichen Zeiten und für verschiedene Bedürfnisse – sei es der schnelle Espresso vor einer Veranstaltung, das gemütliche Plaudern bei einem Cappuccino, einem feinschmeckenden Tee oder das Feierabendbier in der Sonne.“ Im Café unter den Bäumen habe es Platz für alle und immer sei jemand da, der Zeit zum Zuhören habe.
Mit dem Projekt wolle man Menschen mit unterschiedlichen Begabungen und Begrenzungen Mitwirkungsmöglichkeiten geben, heisst es im Projektbeschrieb. Dabei wolle man darauf achten, Menschen aus unterschiedlichen Milieus, mit verschiedensten Glaubens- und Lebensauffassungen und Geschlechtsidentitäten zu integrieren.
So richtet sich das Projekt an die Bevölkerung und Passanten in Herisau. Viele Menschen suchten und schätzten einen Ort, an dem sie wahrgenommen würden und wo sie sich über ihre Anliegen mit jemandem austauschen könnten, heisst es weiter. Die Kirchgemeinde habe dafür während einiger Wochen das Projekt „Gartensommer 2020“ realisiert, welches von vielen Menschen geschätzt worden sei.
„Ende 2021 wurde die Innenrenovation der Kirche abgeschlossen und das Nebengebäude stand bereit. Da fand die Gruppe: Jetzt ist es höchste Zeit, sich Gedanken über dessen Nutzung zu machen.», so Projektleiterin Uschi Hofmänner. „Die Kirche und das Nebengebäude haben eine zentrale Lage. Rund um die beiden Gebäude entsteht ein Park, der zum Verweilen einlädt. Er kann vom Nebengebäude aus bespielt werden.“
Nach den positiven Erfahrungen mit den Gartensommertagen habe alles dafür gesprochen, ein diakonisches Angebot für alle Menschen, die sich begegnen wollen, einsam sind oder sich einen Cafébesuch nicht leisten können, zu schaffen.
Nach der Coronazeit seien viele Menschen einsam und suchten nun wieder Kontakt. Der Ort der Begegnung ermögliche dies niederschwellig. Auch gebe es einsame Menschen, die gerne gebraucht würden und als freiwillige Gastgebende, als Kuchenbäckerinnen und Kuchenbäcker oder als Zuhörerinnen und Zuhörer eine Aufgabe übernähmen.
„Menschen fühlen sich akzeptiert und finden Beziehungen zu Mitmenschen“, so Renzo Andreani zur Frage, welche Wirkung das Projekt entfalten soll. „In belastenden Situationen finden sie Ansprechpersonen.“ Wer gerne eine Aufgabe übernehme, werde den eigenen Fähigkeiten entsprechend eingesetzt. „Menschen können niederschwellig andere kennenlernen. Die Besuchenden setzen sich gemeinsam an einen Tisch. Es entstehen Gespräche und Beziehungen zwischen den Menschen. Dadurch eröffnen sich Möglichkeiten. Alle fühlen sich willkommen.“
„Da immer drei Personen gleichzeitig im Einsatz sind, haben Gastgeberinnen und Gastgeber Zeit sich zwischendurch zu den Gästen zu setzen und kommen so in Kontakt mit Leuten, die sie sonst nicht treffen würden“, ergänzt Uschi Hofmänner. „Es herrscht eine angenehme Atmosphäre. Die Gäste fühlen sich wohl, es gefällt ihnen, hierher trauen sie sich auch als Einzelpersonen. Selten setzen sich neue Gäste allein an einen Tisch, sondern sie setzen sich irgendwo dazu und beteiligen sich an den Gesprächen.“
Oft werde ein zusätzlicher Betrag bezahlt für ein Getränk, das dann einem sozial schwächeren Gast spendiert werden könne. „So können wir sozialen Institution z.B. der mobilen Sozialarbeit Gutscheine für ein Gratis-Getränk zur Verfügung stellen. So muss ein Gast nicht im Café um ein Gratisgetränk bitten, sondern kann einfach mit dem Gutschein bezahlen.“
Immer wieder besuchten auch Pilger oder Touristen das Café. Zu den Besuchenden gehörten auch angestellte Seelsorgerinnen und Seelsorger, die so niederschwellig Kontakte knüpfen können. Die freiwilligen Helferinnen und Helfer und die Kuchenbäckerinnen und Kuchenbäcker seien sehr motiviert und einige würden auch gerne mehr Einsätze leisten. Uschi Hofmänner: „Etliche erleben dadurch Struktur in ihrem Alltag. Auch die Gäste wünschen sich erweiterte Öffnungszeiten des Cafés.“