EKD veröffentlicht Position für gesellschaftliches und politisches Miteinander

13. März 2025

Mit einem Appell an Vertrauen, Mitgefühl und eine besonnene Kompromissbereitschaft tritt die Evangelische Kirche in Deutschland der zunehmenden Verunsicherung und populistischen Stimmungsmache entgegen.

In einem neuen Wort des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) wird die Frage nach dem gesellschaftlichen Zusammenhalt und der politischen Verantwortung hervorgehoben. „Die populistischen Botschaften gedeihen vor allem dort, wo zuvor Angst und Verunsicherung gesät wurden“, betont das Dokument. Diese Ängste würden geschürt, um simple Lösungen zu versprechen und Zweifel an den demokratischen Institutionen zu säen. Doch Komplexität lasse sich nicht mit eindimensionalen Parolen bekämpfen, so der eindringliche Tenor.

Der Rat der EKD fasst seine Überlegungen in fünf Thesen zusammen. Erstens gelte es, „Vertrauen statt Angstmacherei“ zu leben. Das biblische Wort „Fürchtet euch nicht!“ stehe sinnbildlich dafür, realistische Sorgen ernst zu nehmen, ihnen aber dennoch mit Zuversicht zu begegnen. Schon die Weihnachtsgeschichte erinnere daran, dass gerade in unsicheren Zeiten Mut und Hoffnung gedeihen könnten. Theologen wie Paul Tillich haben dieses Vertrauen den „Mut zum Sein“ genannt: eine geistige Kraft, die Handlungsfähigkeit schafft und sich nicht von Ängsten überwältigen lässt.

Zweitens soll man den Menschen in seiner ganzen Würde sehen, ohne ihn in Kategorien wie Herkunft oder Status einzuordnen. „Alle Menschen sind Gottes Kinder“ lautet ein zentrales Leitmotiv. Diese Sichtweise sei ein entscheidender Gegenpol zu populistischer Rhetorik, die oft in „Wir“ und „Die“ trennt und dabei Abwertung oder Fremdenfeindlichkeit schürt.

Drittens fordert die EKD ein respektvolles Miteinander, bei dem Pluralität und Meinungsvielfalt als Stärke erkannt werden. Zwar müssten menschenfeindliche Aussagen entschieden kritisiert werden, doch der Dialog dürfe nicht abgebrochen werden, solange er auf gegenseitiger Achtung beruhe. Die Bibel verdeutliche in vielen Erzählungen, wie Jesus auch Menschen am Rand der Gesellschaft in Gespräche einbinde – ein Beispiel, das heute als Ermutigung dienen könne, nicht vorschnell zu verurteilen.

Viertens plädiert die EKD für Offenheit im Wort und Selbstkritik. Eine christliche Haltung zeichne sich gerade dadurch aus, dass man Differenzen aushalte und sich zugleich hinterfrage: „Gerade die eigenen Überzeugungen bedürfen immer wieder der Überprüfung“, heisst es, um starre Positionen aufzubrechen. Die Bereitschaft, in Konflikten nicht zu schweigen, sondern sich argumentativ auseinanderzusetzen, sei ein wesentlicher Baustein demokratischer Kultur.

Schliesslich, so die fünfte These, dürfe man sich nicht von Maximalforderungen leiten lassen. Politik sei immer ein Prozess unvollkommener, aber verbesserbarer Entscheidungen. „Verantwortungsvolle Kompromisse“ seien die Basis jedes Gemeinwesens, in dem unterschiedliche Interessen miteinander ringen. Eine christliche Ethik stelle dabei den fürsorglichen Blick auf die Schwächsten in den Vordergrund und ermuntere dazu, eigene Privilegien zu reflektieren.

Im abschliessenden Teil des Dokuments wird besonders auf den persönlichen Umgang mit jenen hingewiesen, die sich in Verschwörungstheorien oder Ressentiments flüchten. Die EKD empfiehlt, Menschen zunächst zuzuhören und zu fragen, statt belehrend aufzutreten. Wo Groll und Misstrauen dominieren, müsse Beziehung gestiftet werden – im Wissen, dass sich Populismus oft aus dem Gefühl speist, übergangen oder nicht gehört zu werden.

Der EKD-Rat schliesst mit dem Appell, eine Haltung aus Gottvertrauen, Nächstenliebe und Offenheit könne Spaltungstendenzen wirkungsvoll entgegentreten. Für konstruktive Lösungen, die dem Gemeinwohl und dem Auftrag zur Menschlichkeit dienen, brauche es nach Überzeugung der Kirche weder wachsende Angst noch scharfe Abgrenzungen, sondern vor allem Besonnenheit und Mitgefühl.