Erneut starker Anstieg von Meldungen rassistischer Diskriminierung

Erneut starker Anstieg von Meldungen rassistischer Diskriminierung

24% mehr auf 876 gemeldete Vorfälle rassistischer Diskriminierung im 2023 meldet das Beratungsnetz für Rassismusopfer. Gesellschaftliche Entwicklungen und aktuelle Ereignisse seien die Gründe.

Das Beratungsnetz für Rassismusopfer hat im Jahr 2023 insgesamt 876 Fälle rassistischer Diskriminierung dokumentiert und ausgewertet, 168 Fälle mehr als im Vorjahr. Die meisten Vorfälle ereigneten sich im Bildungsbereich, am Arbeitsplatz sowie im öffentlichen Raum. Sie betrafen am häufigsten Ausländer- bzw. Fremdenfeindlichkeit, Anti-Schwarzen Rassismus. Dies zeige, dass Veränderungen auf struktureller und institutioneller Ebene in den Bereichen Bildung, Politik sowie auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt dringend notwendig seien, so das Beratungsnetz in einer Medienmitteilung.

Besonders die Erkenntnis aus dem Bericht verdiene Aufmerksamkeit, dass Meldungen von rassistischer Diskriminierung in der Schule 2023 an erster Stelle stünden, so der Bericht Beratungsnetz. Das sei bedenklich, denn gerade die Schule solle derjenige Ort sein, an dem Kinder und Jugendliche vor jeglicher Diskriminierung geschützt seien.

Man müsse sich deshalb fragen, welche Verantwortung die Bildungsinstitutionen bei der Sicherstellung einer diskriminierungsfreien Lernumgebung tragen und was es brauche, damit sie dieser Verantwortung gerecht werden könnten. Ein wichtiger Schritt in Richtung rassismuskritische Schule wäre die explizite Verankerung des Themas Rassismus in den Lehrplänen und die damit verbundene Weiterbildung der Lehrpersonen, so das Vorwort zum Bericht.

Die Zunahme der gemeldeten Fälle von rund 24% im Jahr 2023 sei auf gesellschaftliche Entwicklungen und Ereignisse im Laufe des Jahres zurückzuführen, so die Mitteilung weiter. Der Krieg im Nahen Osten hatbe rassistische und antisemitische Dynamiken in der Gesellschaft verstärkt und somit auch Auswirkung auf in der Schweiz lebende Menschen.

Darüber hinaus hätten das Beratungsnetz zahlreiche Meldungen von meist nicht direkt betroffenen Personen erreicht, die gegen die Verbreitung von Vorurteilen und diskriminierenden Äusserungen und Illustrationen im Rahmen der Wahlkampagnen vorgehen wollten, heisst es weiter. Diese solidarische Mobilisierung sei für die Bewältigung und Bekämpfung von Rassismus von zentraler Bedeutung und bekräftigt den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Auffallend sei auch die grosse Anzahl an Meldungen zu verschiedenen rassistischen und ausländerfeindlichen Kampagnen im Wahljahr, so der Bericht weiter. Bemerkenswert und erfreulich sei jedoch, dass sich gerade in diesem Kontext auch Personen gegen diese Kampagnen gewehrt hätten, die nicht direkt von Rassismus betroffen gewesen seien. Bei den Beratungsstellen sei eine breite Empörung der Bevölkerung zu spüren gewesen.

Der Bildungsbereich ist mit 181 Fällen laut Meldung der am stärksten betroffene Lebensbereich. Der stetige Anstieg an Meldungen im Bildunsgbereich verdeutliche die Wichtigkeit diskriminierungssensibler Aufklärungsarbeit bei Schülerinnen und Schülern sowie fortlaufender Weiterbildung und Bereitstellung von Instrumenten zur Prävention und Intervention für das gesamte Schulpersonal.

Die am häufigsten genannten Diskriminierungsmotive sind gemäss Meldung Ausländer- und Fremdenfeindlichkeit mit 387 sowie Anti-Schwarzer Rassismus mit 327 Meldungen. Zugenommen haben zudem Beratungsfälle aufgrund der Feindlichkeit gegen Menschen aus dem arabischen Raum mit 69 Meldungen sowie der inhaltlich verwandten Kategorie antimuslimischer Rassismus mit 62 Nennungen. Auch Fälle von Antisemitismus (46) haben laut Bericht markant zugenommen.

Übergriffige Kommunikations- und Handlungspraktiken im Alltag werden in allen Lebensbereichen erfahren und stellen für die Betroffenen eine Dauerbelastung dar, die mit einem erheblichen Kraftaufwand verbunden ist, so der Bericht. So betrafen die meisten Beratungsfälle im Berichtsjahr 2023 den Bereich der Kommunikation mit 939 Nennungen. Dabei wurden am meisten die Kategorien «andere störende Äusserungen/Illustrationen» mit 362 und Beschimpfung mit 227 sowie Verleumdung bzw. falsche Anschuldigungen mit 104 Meldungen genannt.

Ebenfalls häufig gemeldet wurden laut Bericht Diskriminierungen im Bereich Ausgrenzung mit 888 Nennungen, wovon der grösste Teil auf Benachteiligungen mit 348 und herabwürdigende Behandlungen mit 288 Meldungen entfiel. Im Bereich Gewalt wurden 99 Meldungen registriert, wobei am häufigsten Angriffe auf die körperliche Integrität mit 79 Nennungen vorkamen. Die Kategorie der rechtsextremen Propaganda verzeichnete 23 Nennungen überwiegend aufgrund der Verbreitung von Schriften und Tonträgern.

Am häufigsten betreffen die erfassten Fälle gemäss Bericht Menschen mit europäischer Herkunft (299), darunter seien viele Schweizerinnen und Schweizer (167), die als fremd wahrgenommen würden und deswegen häufiger von Ausgrenzung und Benachteiligung betroffen seien. Am zweithäufigsten handelt es sich bei den erfassten Fällen gemäss Bericht um Menschen afrikanischer Herkunft (124), gefolgt von Betroffenen aus dem Nahen Osten und Zentralasien (87).