Eurodiaconia warnt vor EU-Rückführungsreform: Menschenwürde in Gefahr

10. Okt. 2025

Der gesamteuropäische Diakonie-Dachverband Eurodiaconia kritisiert zusammen mit christlichen Partnerorganisationen den EU-Vorschlag für eine neue Rückführungsregelung und fordert evidenzbasierte, menschenrechtskonforme Verfahren.

Eurodiaconia, der gesamteuropäische Diakonie-Dachverband, hat sich einer Koalition aus zehn christlichen Organisationen angeschlossen, die den Vorschlag der Europäischen Kommission für ein neues gemeinsames System zur Rückführung von Migrantinnen und Migranten ablehnen. Der Entwurf, der im März 2025 vorgestellt wurde, soll die bisherige Rückführungsrichtlinie von 2008 ersetzen. Nach Einschätzung der unterzeichnenden Organisationen würde die neue Regelung die zwangsweise Rückführung gegenüber der freiwilligen Rückkehr klar bevorzugen. Dabei müsse, so die Erklärung, die Würde und Sicherheit jedes Menschen sowie eine auf Fakten basierende Politik im Mittelpunkt des Gesetzgebungsprozesses stehen.

Die beteiligten Organisationen weisen insbesondere auf die geplante Ausweitung der Administrativhaft hin. Der Vorschlag der Kommission ermögliche es, Menschen bis zu 24 Monate oder länger festzuhalten – ein Zeitraum, der weit über die bisherigen Grenzen hinausgehe. Zudem sei im Entwurf nicht mehr ausdrücklich festgehalten, dass Haft nur als letztes Mittel zulässig sei. Die Unterzeichnenden betonen, dass die Inhaftierung von Minderjährigen grundsätzlich ausgeschlossen werden müsse, da sie niemals im besten Interesse eines Kindes liege. Stattdessen fordern sie die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, konsequent Alternativen zur Haft zu fördern und umzusetzen.

Als zentralen Ansatzpunkt sieht die Koalition die Förderung freiwilliger Rückkehrprogramme. Diese seien aus humanitärer, rechtlicher und praktischer Sicht die nachhaltigste Form der Rückführung. Die vorgesehene Frist von 30 Tagen für die freiwillige Ausreise sei jedoch zu kurz bemessen, heisst es weiter. Menschen, die in ihre Herkunftsländer zurückkehren möchten, benötigten Zeit für Vorbereitung, Beratung und Reintegration. Diese Aufgaben sollten von unabhängigen zivilgesellschaftlichen und kirchlichen Trägern übernommen werden, die über das nötige Vertrauen und Fachwissen verfügen. So könne gewährleistet werden, dass Rückkehrprozesse würdevoll verlaufen und Betroffene echte Perspektiven erhalten.

Kritisch äussern sich Eurodiaconia und ihre Partnerorganisationen auch zu den geplanten «Return Hubs» ausserhalb der Europäischen Union. Eine Auslagerung von Rückführungsverfahren in Drittstaaten sei mit erheblichen menschenrechtlichen Risiken verbunden und könne zu sogenannten Kettenabschiebungen führen. Ebenso problematisch sei die geplante Zusammenarbeit mit Regierungen, die die Grundrechte nicht gewährleisten. Der Zusammenschluss fordert, dass Rechtsmittel gegen Rückkehrentscheide grundsätzlich aufschiebende Wirkung haben müssen, um effektiven Rechtsschutz zu sichern.

Besorgt zeigen sich die Unterzeichnenden auch über Bestimmungen, die Sanktionen gegen Menschen vorsehen, die als «nicht kooperativ» gelten. In der Praxis könne dies dazu führen, dass Personen bestraft würden, die aus gesundheitlichen oder psychischen Gründen nicht in der Lage seien, die Anforderungen der Behörden zu erfüllen. Solche Regelungen widersprächen dem Gebot der Menschenwürde und der Verantwortung der EU, schutzbedürftige Gruppen besonders zu achten.

Eurodiaconia erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass Kirchen und diakonische Werke in ganz Europa tagtäglich mit Geflüchteten und Migrantinnen und Migranten arbeiten. Sie erleben unmittelbar die Folgen europäischer Migrationspolitik und setzen sich für faire, menschliche und wirksame Verfahren ein. Die Organisation betont, dass Rückführungen freiwillig bleiben und die Menschenrechte sowie die Würde aller Beteiligten uneingeschränkt respektiert werden müssen. Die politische Debatte dürfe sich nicht von kurzfristigen Stimmungen leiten lassen, sondern müsse den Schutz der Menschenrechte, die Wahrung des Rechtsstaats und die gelebte Solidarität in den Mittelpunkt stellen.