Vorläufig aufgenommene Personen müssen gemäss Ausländer- und Integrationsgesetz bis anhin drei Jahre warten, bevor sie ein Gesuch um Familiennachzug stellen dürfen. 2022 kam das Bundesverwaltungsgericht in einem Grundsatzurteil zum Schluss, dass die Schweiz die Wartefrist aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte anpassen muss, so die Schweizerische Flüchtlingshilfe in einer Medienmitteilung.
Mit der nun geplanten Gesetzesänderung soll daher die Wartefrist von drei auf zwei Jahre verkürzt werden.Die Flüchtlingshilfe begrüsst grundsätzlich die vorgesehene Verkürzung der Wartefrist. Sie fordert in ihrer Vernehmlassungsantwort jedoch, dass dies nicht de facto dazu führt, dass der Familiennachzug in der Praxis erschwert oder gar verunmöglicht wird.
Für eine Bewilligung gelten neben der Wartefrist zusätzliche Bedingungen wie etwa die vollständige Unabhängigkeit von der Sozialhilfe und das Vorhandensein einer genügend grossen Wohnung, so die Flüchtlingshilfe. Bis die Betroffenen diese hohen Anforderungen erfüllen könnten, bräuchten sie eine gewisse Zeit. Der aktuelle Gesetzesvorschlag berücksichtige dies indes nicht.
Dies sei insbesondere für den Nachzug von Kindern über 12 Jahren problematisch, da für sie der Antrag innerhalb von 12 Monaten nach Ablauf der Wartefrist gestellt werden müsse. Insgesamt hätten die Betroffenen so nur noch drei statt vier Jahre Zeit, die strengen Bedingungen für den Familiennachzug zu erfüllen. Die SFH fordert daher, den Gesetzestext so anzupassen, dass er insgesamt nicht zu einer Verkürzung des Zeitraumes führt, in welchem ein Familiennachzug möglich ist.
Die SFH fordert ausserdem, im Gesetzestext ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Verhältnismässigkeit gewahrt werden soll. Ein Familiennachzug vor Ablauf der Wartefrist müsse im Einzelfall möglich sein, so die Flüchtlingshilfe. Insbesondere sei das Kindeswohl zu beachten sowie die Zumutbarkeit für die Familie, im Ausland zu warten.
Die bestehenden Einschränkungen des Familiennachzugs bei der heutigen vorläufigen Aufnahme stehen nicht im Einklang mit dem Grundrecht auf Familienleben, so die Flüchtlingshilfe. Alle Schutzberechtigten in der Schweiz sollten laut Mitteilung dasselbe Recht auf Familiennachzug haben, ohne weitere Voraussetzungen.