Schweizer Freiwillige: grosses Interesse an Diakonie und Kirche
Freiwillige ermöglichen der Schweiz eine vielfältige Vereinslandschaft und ein starkes soziales Engagement. Rund 200‘000 von ihnen sind in Kirche und Diakonie aktiv. Die Kirchgemeinden bieten geeignete Plattformen für ein Engagement, wie zum Beispiel der „Freiwilligen-Monitor“ zeigt.
Rund sechs Prozent der Schweizer Wohnbevölkerung ab 15 Jahren engagiert sich freiwillig in kirchlichen Organisationen, über ein Prozent mehr als noch vor fünf Jahren. Diese Zahl offenbart der Freiwilligen-Monitor, initiiert durch die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft SGG. Die Kirchen liegen damit an zweiter Stelle hinter den Sportvereinen, die rund zehn Prozent der Bevölkerung mobilisieren. Mit je fünf Prozent folgen soziale und kulturelle Vereine. Interessenverbände erhalten von vier Prozent Unterstützung. Am Ende der freiwilligen Beliebtheitsskala stehen politische oder öffentliche Ämter (2%), politische Parteien (1,2%), Menschenrechts- und Umweltverbände (1,1%) und Migrantenvereine (0,3%).
Material
Freiwilliges Engagement in kirchlichen Organisationen: Vergleich mit anderen Bereichen. © Freiwilligenmonitor der SGG, Abdruck mit freundlicher Genehmigung.
Freiwillige sind mehrheitlich Frauen
Frauen zwischen 45 und 74 Jahren bilden dabei die stärkste Gruppe – und darin wiederum der Teil ab 60 Jahren aufwärts. Jede zehnte Frau in diesem Alter engagiert sich demnach freiwillig in kirchlichen Organisationen. Diese Zahlen seien für kirchliche Organisationen sowie soziale, karitative Vereine typisch, so Burckhardt. Mit sechs Prozent sind danach die 15-29-jährigen Frauen gleichauf mit der am stärksten vertretenen Gruppe der 45-74-jährigen Männer. Wer sich wenig engagiert, sind die Frauen und Männer zwischen 30 und 44 Jahren.
Keinen grossen Unterschied machen die Zahlen zwischen der Bevölkerung in den Städten (5,7%), den Agglomerationen (5,9%) und dem Land (6,3%). Die Deutschschweiz ist mit 6,6% etwas fleissiger als die Romandie und das Tessin mit 4,5%.
2,7 Stunden engagieren sich die Freiwilligen durchschnittlich pro Woche. Dies entspricht einem geschätzten jährlichen Arbeitsvolumen von hochgerechneten 28 Millionen Stunden.
In puncto Entschädigung erhält praktisch die Hälfte eine Anerkennung zum Beispiel in Form eines Jahresessens, 36% bekommen jedoch gar nichts. Rund 20% werden Weiterbildungsmöglichkeiten finanziert oder sie erhalten eine Spesenentschädigung. Lediglich acht Prozent bekommen eine geringfügige Bezahlung und nur ein Prozent ein Honorar.
Freiwilliges Engagement in kirchlichen Organisationen: Entschädigung. © Freiwilligenmonitor der SGG, Abdruck mit freundlicher Genehmigung.
Freiwillige wollen helfen und bewegen
Nach der Motivation gefragt, geben 84% der Freiwilligen an, anderen Menschen helfen zu wollen. 75% möchten mit anderen etwas bewegen. 57% wollen ihre Kenntnisse und Erfahrungen erweitern, 49% möchten sich weiterentwickeln. Am Ende der Motivationskette steht mit 12% der Nutzen für die persönliche berufliche Laufbahn. In der Freiwilligenarbeit sei ein Paradigmenwechsel sowohl hinsichtlich der Motivation sowie auch der Form der Beteiligung feststellbar, so Hofstetter. Freiwillige hätten sich lange Zeit aus selbstlosen Motiven für eine lange Zeit in einem ihnen vorgegebenen Wirkungsbereich engagiert. Freiwillige suchten jedoch heute ein anderes Engagement: „Das Engagement muss ihnen einen Nutzen stiften, sie verlangen für ihre Arbeit Anerkennung, sie wollen mitbestimmen und eigene Ideen einbringen können.“ Und sie engagierten sich projektbezogen, also für eine bestimmte Idee und für eine abgegrenzte Zeitdauer: „Das Engagement muss heute auch attraktiv sein – freiwillig Tätige wählen ihr Engagement aus und können, falls es ihnen nicht passt, auch abspringen.“
Freiwilliges Engagement in kirchlichen Organisationen: Motivation. © Freiwilligenmonitor der SGG, Abdruck mit freundlicher Genehmigung.
Kirchliche Freiwillige:
Ein potentieller Wachstumsfaktor von 950%
Auf eine Besonderheit weist Lukas Niederberger abschliessend hin. Der deutsche Freiwilligensurvey hat eruiert, wo Menschen, die nicht freiwillig tätig sind, im Fall einer Freiwilligenarbeit wirken würden. Während rund 3% an einer Tätigkeit im sozialen Bereich interessiert wären, rund 2% am Bereich Umwelt und Tierschutz oder rund 4% am politischen Bereich, interessieren sich rund 8% für Freiwilligenarbeit im Bereich Religion und Kirche. Dies bedeutet einen potenziellen Wachstumsfaktor von 950%. Die Chancen, aber auch die Anforderungen machten klar, „dass eine Kirchgemeinde oder ein diakonisches Werk den Bereich der freiwilligen Mitarbeit nicht einfach nebenher führen kann; vielmehr muss dieser Bereich aktiv und professionell bewirtschaftet werden“, betont der Diakonie-Geschäftsleiter Simon Hofstetter. Den neuen Freiwilligen brauchten entsprechende Angebote, eine gute Ausbildung und Begleitung, sodass sie die geforderte Anerkennung und Wertschätzung erfahren: „Wenn der Unternehmer von Massnahmen zur Kundenbindung spricht, so sollen Kirchgemeinden und diakonische Werke von notwendigen Massnahmen der Freiwilligenbindung sprechen.”