Mehr psychische Kindsmisshandlungen und Vernachlässigung

24. Jan 2022

Die Kinderschutzgruppe und Opferberatungsstelle des Universitäts-Kinderspitals Zürich verzeichnete im zweiten Pandemiejahr 2021 erneut eine Zunahme der gemeldeten Verdachtsfälle von Kindsmisshandlungen: Die Zahl stieg von 592 auf 625.

Nicht in allen Fällen konnte die Kinderschutzgruppe und Opferberatungsstelle eine sichere Misshandlung feststellen, so das Kinderspital in einer Medienmitteilung. Sicher sei das Team aber in 442 Fällen gewesen. In 140 Fällen habe der Verdacht nicht bestätigt, aber auch nicht ausgeräumt werden können.

In der Erfassung von Kinderschutzfällen werden fünf Kategorien unterschieden: körperliche und psychische Misshandlung, sexueller Missbrauch, Vernachlässigung und Münchhausen Stellvertreter-Syndrom. Die Zahl der sexuellen Misshandlungen blieb demnach im letzten Jahr gleich, die körperlichen Misshandlungen haben erstmals seit Jahren wieder etwas abgenommen. Bei den Fällen von psychischer Misshandlung und Vernachlässigung verzeichnete die Kinderschutzgruppe und Opferberatungsstelle des Kinderspitals Zürich jedoch eine deutliche Zunahme.

Bei einer psychischen Misshandlung werden Kinder laut Mitteilung bewusst oder unbewusst misshandelt, indem jemand einem Kind beispielsweise sagt: «Du bist zu dumm für das, das lernst du nie!» Oder: «Du bist zu dick». Bei der Vernachlässigung wird etwas weggelassen, das das Kind unbedingt für eine gesunde Entwicklung bräuchte. Zum Beispiel wird es nicht adäquat ernährt oder erhält nicht genug Zuwendung. Dies, weil die Eltern etwa die Bedürfnisse der Kinder nicht kennen, überfordert oder zu stark mit sich selbst beschäftigt sind.

Die gestiegene Zahl von psychischen Misshandlungen und Vernachlässigungen 2021 lasse vermuten, dass auch die Dunkelziffer in diesem Bereich sehr hoch sei. Insbesondere auch, da verschiedene Beratungsstellen eine deutliche Zunahme von Fällen verzeichneten. Zudem habe auch das Kinderspital im letzten Jahr vermehrt Jugendliche wegen Suizidversuchen und Angststörungen betreut. Diese Jugendlichen hätten sehr oft einen Missbrauch erlebt.

Der Grund für die letztjährige Zunahme scheint auf der Hand zu liegen, so die Mitteilung: Die Pandemie setze Familien mit vorbestehenden psychischen Problemen oft zusätzlich unter Druck, aber auch andere Familien gerieten in psychosoziale Schwierigkeiten.