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Nationale ökumenische Tagung beleuchtet “Sterbenarrative” in Palliative Care

Sep 11, 2020 | Archiv, Hospizarbeit und Palliative Care

Erzählen am Lebensende führt Sterbenden die Essenz ihres Lebens vor Augen und gibt ein Stück Selbstbestimmung, so ein Ergebnis der nationalen ökumenischen Tagung “Sterbenarrative – Bedeutung für die Seelsorge in Palliative Care” am 9. September in Bern.

Es gehört zu den Kernaufgaben der Seelsorge, Menschen in Todesnähe zu begleiten, so die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz und die Schweizer Bischofskonferenz in einer gemeinsamen Mitteilung zur Tagung. Wertschätzung des Gelebten gelte es als verborgenes Sinnpotential zu entdecken und zu würdigen.

Die nationale ökumenische Tagung beleuchtete Sterbenarrative aus theologischer und kommunikationstheoretischer Sicht und gab Einblicke in die Methoden der Narration, welche in der Seelsorge erprobt wurden oder sich als Möglichkeit anbieten.

Gerade am Lebensende kann das Erzählen sinnstiftend sein, so Simon Peng-Keller, Professor für Spiritual Care an der Universität Zürich. Seelsorge werde so zum Raum des Erzählens, in dem sterbende Menschen der Essenz ihres Lebens begegnen könnten.

Die Autorin, Literaturkritikerin und Kulturwissenschaftlerin Corina Caduff referierte zu aktuellen literarischen Sterbeberichten. Seien es Text- und Video-Blogs oder Bücher, immer gehe es um öffentliche Verlautbarungen des letzten Lebensabschnittes. Die Menschen seien sich dabei ihrer beschränkten Lebenszeit bewusst. Das Ringen um spirituelle Orientierung werde sichtbar und das Religiöse nicht immer als Trost erfahren. Schreiben sei ein Wiedergewinnen der Selbstbestimmung und ein Anschreiben gegen Isolation und Vereinzelung, so Caduff. 

Am Nachmittag fanden mehrere Referats- und Austauschrunden statt: mit Michaela Forster vom Palliativzentrum des Kantonsspitals St. Gallen zum Thema Dignity Therapy, mit Helena Zweifel, der ehemaligen Geschäftsführerin von Medicus Mundi Zürich zur Memory Work, und mit Shirin Sotoudeh von der Berner Fachhochschule zu praktischer Biografiearbeit. Das Schlusswort sprach Manfred Belok von der Theologischen Hochschule Chur.

Der Begriff der Sterbenarrative beschreibt das Erzählen am und vom Lebensende. Unheilbar Erkrankte, aber auch Hinterbliebene und professionelle Begleitende erzählen vom Sterben. Die Lebensendforschung beschäftigt sich schon lange mit der Bedeutung des Erzählens am Lebensende. Dennoch sind die Eigentümlichkeiten der Sterbenarrative bislang nur punktuell in den Blick gekommen.