NKVF fordert bessere Information, Übersetzungen und weniger Zwang bei Rückführungen

2. Juli 2025

Die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter sieht bei zwangsweisen Rückführungen per Flugzeug dringenden Handlungsbedarf, insbesondere bei Information, Übersetzung und Verhältnismässigkeit von Zwangsmassnahmen.

Die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) hat in ihrem aktuellen Bericht zum ausländerrechtlichen Vollzugsmonitoring für das Jahr 2024 zahlreiche Missstände bei zwangsweisen Rückführungen auf dem Luftweg festgestellt. Besonders kritisch beurteilt die Kommission die Informationspraxis gegenüber den Betroffenen sowie Defizite bei der sprachlichen Verständigung. «Zwangsweise rückzuführende Personen werden in der Regel erst im Moment der Anhaltung über die unmittelbar bevorstehende Rückführung informiert», so die Kommission gemäss Mitteilung. Dies führe zu erheblicher Verunsicherung und erhöhe das Risiko für Konflikte und Eskalationen während des Vollzugs.

Im Zeitraum von Januar bis Dezember 2024 begleitete die NKVF insgesamt 53 zwangsweise Rückführungen der Vollzugsstufe 4 auf Sonderflügen sowie 13 weitere Rückführungen der Vollzugsstufen 2 und 3. Dabei seien insgesamt 51 Familien mit 97 Kindern betroffen gewesen. Erstmals seit mehreren Jahren sei die Marke von 50 Sonderflügen wieder überschritten worden, was die NKVF als «besorgniserregende Entwicklung» wertet.

Laut Bericht fehlt es in vielen Fällen an frühzeitiger Information. Zwar sei in der Zwangsmassnahmenverordnung vorgesehen, dass die Betroffenen einige Tage vor der Rückführung in einem Vorbereitungsgespräch informiert werden müssten, doch werde diese Praxis häufig aus taktischen Gründen umgangen. Nach Ansicht der NKVF könne das Unterlassen solcher Gespräche das Risiko von Widerstand und damit von Zwangsmassnahmen erheblich steigern. «Eine rechtzeitige Information ermöglicht es den Betroffenen, sich vorzubereiten und Angehörige zu benachrichtigen», heisst es im Bericht.

Ein weiteres zentrales Problem betrifft die sprachliche Verständigung. In mehreren Fällen seien Kinder als Dolmetschende eingesetzt worden – eine Praxis, die die NKVF entschieden ablehnt. In einem dokumentierten Fall musste ein 14-jähriger Junge die Kommunikation zwischen seinen Eltern und den polizeilichen Begleitpersonen sowie mit medizinischem Personal übernehmen. «Kinder dürfen auf keinen Fall als Übersetzerinnen und Übersetzer beigezogen werden», so die Kommission gemäss Mitteilung. Häufig griffen die Behörden stattdessen auf Übersetzungsprogramme auf Mobiltelefonen zurück, die laut NKVF in stressbelasteten Situationen nicht ausreichten, um präzise Informationen zu vermitteln.

Auch die Anwendung von Zwangsmassnahmen bleibt ein Kritikpunkt. Zwar hätten die polizeilichen Begleitpersonen laut Bericht insgesamt professionell und respektvoll gehandelt, jedoch beobachtete die Kommission nach wie vor standardmässige oder präventive Fesselungen, auch bei kooperativen Personen. Dies sei insbesondere bei Familien und Kindern problematisch. Beispielsweise wurden bei mehreren Rückführungen Personen teil- oder vollgefesselt, obwohl sie sich ruhig verhielten. Besonders kritisiert die NKVF den Einsatz des sogenannten Kerberos-Gurtes, einer Fesselung, die erhebliche Einschränkungen der Bewegungsfreiheit verursacht. «Die standardmässige Anwendung solcher Massnahmen ist aus menschenrechtlicher Sicht nicht verhältnismässig», stellt die Kommission fest.

Zudem moniert die NKVF mangelnde Vertraulichkeit bei medizinischen Untersuchungen, die regelmässig im Beisein von polizeilichem Personal durchgeführt würden. Dies verletze das Recht auf Privatsphäre der Betroffenen. Teilweise seien bei der medizinischen Versorgung auch Hilfsmittel oder Reservemedikamente nicht verfügbar gewesen, was zusätzliche gesundheitliche Risiken verursache.

Die NKVF fordert daher eine Reihe von Verbesserungen: Dazu gehört die systematische Durchführung von Vorbereitungsgesprächen mindestens 72 Stunden vor einer geplanten Rückführung, die Gewährleistung professioneller Übersetzungsdienste und ein restriktiverer Einsatz von Zwangsmassnahmen, die ausschliesslich auf einer individuellen Risikobeurteilung beruhen sollten. Besonders wichtig sei es, Kinder sowohl vor Zwangsmassnahmen als auch vor Übersetzungsaufträgen zu schützen und ihre Information stets kindgerecht zu gestalten. Insgesamt hält die Kommission fest, dass der Vollzug zwangsweiser Rückführungen «unter Wahrung der Menschenwürde und unter Achtung der internationalen Standards» erfolgen müsse.