Die fünf Mitgliedsorganisationen der Plateforme Traite – FIZ, ASTRÉE, CSP Genf, Antenna MayDay und AVIT – haben im vergangenen Jahr 201 neue Opfer von Menschenhandel identifiziert. Insgesamt betreuten sie 2024 rund 483 Betroffene. Die Zahlen seien seit mehreren Jahren stabil, zeigten aber eine leicht steigende Tendenz und machten deutlich, dass Menschenhandel in der Schweiz eine Realität sei, so die Mitteilung. Die Mehrheit der neu erfassten Opfer seien FINTA-Personen (73 Prozent), etwa ein Viertel Männer. Die Betroffenen stammten aus 54 Ländern, am häufigsten aus Nigeria, Kolumbien und Ungarn.
Diese Daten spiegelten laut Mitteilung jedoch nur die Spitze des Eisbergs wider. Erfasst würden jene Fälle, die durch Kontrollen, sensibilisierte Behörden und die Zusammenarbeit mit spezialisierten Opferschutzstellen bekannt würden. Dank wachsender kantonaler Initiativen und vernetzter Hilfsangebote sei es möglich, ein zunehmend genaueres Bild der Betroffenheit zu zeichnen.
Kritik übt die Plattform an mangelnder Abstimmung zwischen Bund und Kantonen. Zwar gebe es erfreuliche Fortschritte bei Opferschutzorganisationen und kantonalen Projekten, doch brauche es mehr nationale Kohärenz und ausreichende finanzielle Ressourcen des Bundes. Dies betreffe insbesondere Aufenthaltsbewilligungen und Integrationsmassnahmen. So dürfe es nicht vorkommen, dass Bundesbehörden Aufenthaltsbewilligungen verweigerten, obwohl Kantone diese unterstützten und bereits mehrere Jahre in den Integrationsprozess investiert hätten.
Positiv bewertet die Plattform die Aufnahme der Fachstelle AVIT aus dem Wallis als neues Mitglied. Deren Geschäftsführer betonte, dass Betroffene «einen Ort brauchen, an dem sie Gehör finden und Unterstützung erhalten». Die neue Organisation sei ein Fortschritt, um Opfer in ihren Rechten zu stärken und ein gerechteres nationales System aufzubauen.
Besorgt zeigt sich die Plattform zudem über die Auswirkungen des neuen EU-Asylpakts. Rund 10,4 Prozent der neu identifizierten Opfer befanden sich in laufenden Asylverfahren. Unsichere Migrationswege erhöhten das Risiko der Ausbeutung deutlich, heisst es. Der Abbau legaler Fluchtmöglichkeiten durch den EU-Asylpakt verschärfe diese Situation zusätzlich, weshalb die Plattform die Übernahme der Regelungen durch die Schweiz kritisiert und den Gebrauch der Souveränitätsklausel bei besonders vulnerablen Personen fordert.
