Kurz vor dem erwarteten Entscheid des Bundesrates über die künftige Höhe der Schweizer Klimafinanzierung legen Alliance Sud und Caritas Schweiz eine gemeinsame Analyse vor. Darin bewerten die Organisationen die Zusagen, welche die internationale Staatengemeinschaft an der Klimakonferenz COP29 im November 2024 in Baku getroffen hat. Damals verpflichteten sich die Staaten, ihre Unterstützung für Klimaschutz und -anpassung im Globalen Süden bis 2030 auf insgesamt 300 Milliarden Dollar pro Jahr zu steigern. Die Schweiz habe «eingewilligt, ihren Teil beizutragen», erinnert die Mitteilung – doch das bisherige Engagement genüge nicht.
Gemäss den Berechnungen der NGOs müsste die Eidgenossenschaft mindestens ein Prozent des neuen Gesamtziels übernehmen, also jährlich rund drei Milliarden Dollar. «Die Schweiz hat ein doppeltes Interesse am weltweiten Klimaschutz: Sie ist überdurchschnittlich von der Klimaerwärmung betroffen und braucht funktionierenden Multilateralismus», wird Klimaexpertin Delia Berner von Alliance Sud zitiert. Bisher stammen jedoch über 90 Prozent der Schweizer Klimamittel aus den Budgets der internationalen Zusammenarbeit. «Die Beiträge weiterhin auf dem Buckel der Entwicklungszusammenarbeit zu leisten, trägt nur zur Verschärfung der globalen Krisen bei», so Berner weiter.
Caritas Schweiz untersuchte die realen Finanzflüsse der Jahre 2021 und 2022 und stellt laut Mitteilung erhebliche Lücken fest. Einerseits sei das Volumen unzureichend, andererseits bleibe die Zugänglichkeit der Gelder für die lokale Bevölkerung in den ärmsten Ländern schwierig. Besonders problematisch sei, dass sich die Schweiz private Investitionen anrechne, die in der Praxis kaum dort ankämen, wo sie gebraucht würden. «Indem die Schweiz die Mittel für die internationale Klimafinanzierung zu mehr als 90 Prozent aus dem sonst schon beschränkten Budget der Entwicklungszusammenarbeit nimmt, schwächt sie die Armutsbekämpfung im Globalen Süden», erklärt Angela Lindt, Leiterin Entwicklungs- und Klimapolitik von Caritas.
Alliance Sud fordert in ihrem Papier «Klimafinanzierung – jetzt erst recht», Mehreinnahmen konsequent nach dem Verursacherprinzip zu generieren. Dazu gehörten etwa Abgaben auf besonders emissionsintensiven Wirtschaftssektoren. Nur so könne die Schweiz ihren «fairen Beitrag» leisten und gleichzeitig vermeiden, dass Gelder zulasten der Armutsbekämpfung umgeschichtet würden.
Die NGOs verweisen darauf, dass die Temperaturen in Teilen Indiens bereits im April über 40 Grad Celsius erreichen – «fünf Grad mehr als jahresüblich», heisst es. Mit dem erneuten Einzug von Donald Trump ins Weisse Haus wachse die Gefahr einer klimapolitischen Blockade, doch «mit Verleugnung löst sich die Klimakrise nicht auf». Umso wichtiger sei ein klares Signal kleiner, wohlhabender Staaten wie der Schweiz. Spätestens bis Ende Sommer, wenn der Bundesrat seinen Entscheid fällt, müsste Bern daher konkrete Schritte präsentieren, um das Klimafinanzierungsziel von drei Milliarden Dollar pro Jahr bis 2030 zu erreichen, fordern Alliance Sud und Caritas unisono.