Seniorinnen und Senioren werden älter und fühlen sich jünger

Seniorinnen und Senioren werden älter und fühlen sich jünger

Die Schweizer Bevölkerung wird immer älter. Die Lebenserwartung steigt und nach der Pensionierung besteht die Aussicht auf einige gesunde Lebensjahre, die aktiv genutzt werden können. Subjektiv fühlen sich Seniorinnen und Senioren erst mit 80 Jahren als alt, so das Bundesamt für Statistik.

Die heutigen Seniorinnen und Senioren besitzen nicht nur eine höhere Lebenserwartung als frühere Generationen; sie sind in der Regel auch gut ausgebildet und mehrheitlich finanziell ausreichend abgesichert., so das Bundesamt für Statistik in einer Medienmitteilung. Zudem blieben sie zu einem grossen Teil relativ lange gesund.

Viele ältere Menschen sind persönlich oder sozial aktiv und tragen so zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei, heisst es. Sie entsprechen deshalb nicht mehr dem herkömmlichen defizitären Bild des Alterns, das mit dem Abbau körperlicher und kognitiver Fähigkeiten, Inaktivität, sozialem Rückzug, Einsamkeit sowie Bedürftigkeit und Abhängigkeit assoziiert wird.

Dies zeige sich auch bei der eigenen Einschätzung der älteren Menschen: Der subjektiv gefühlte Beginn des «Altseins» hat sich demnach von durchschnittlich 69 Jahren (in den 1990er Jahren) auf rund 80 Jahre erhöht.

Allerdings schütze die längere Lebenserwartung nicht vor Krankheiten und körperlichen Einschränkungen, so das Bundesamt weiter. Zudem kumulierten sich über den gesamten Lebensverlauf individuelle biographische Ereignisse sowie Bevor- und Benachteiligungen systematisch bei bestimmten Bevölkerungsgruppen aufgrund von Geschlecht, sozialer Herkunft oder Migrationshintergrund.

Zunehmende Diversität und Ausdifferenzierung der Lebenssituationen zeichneten also das Altern aus, das durch mehr Gestaltungsmöglichkeiten, aber auch durch soziale Ungleichheiten gekennzeichnet sei. Die Lebenssituation im dritten Lebensalter zwischen 65 und 80 Jahren, in dem die Menschen mehrheitlich aktiv und gesund seien, unterscheide sich von derjenigen im vierten Lebensalter ab 80 Jahren, in dem die Menschen zunehmend Krankheit oder Abhängigkeit erlebten, heisst es weiter.

Knapp ein Viertel der 65- bis 74-Jährigen und ein Zehntel der über 74-Jährigen ist im Rahmen organisierter Freiwilligenarbeit in Vereinen und Institutionen aktiv. 40% bzw. 20% engagieren sich auf informelle Weise freiwillig. Dieses Engagement wird häufig für andere ältere Personen oder für die Betreuung von (Enkel-)Kindern geleistet, so das Bundesamt.

Daten des Bundesamtes für Statistik zeigen, dass 2021 in der Schweiz 89% der Personen ab 65 Jahren einen Internetzugang hatten, während es bei den Personen unter 65 Jahren 96% bis 99% waren. Obwohl die regelmässige Internetnutzung (mindestens einmal pro Woche) in der Schweiz zwischen 2014 und 2023 sowohl bei jüngeren als auch älteren Erwachsenen zugenommen hat, liegen letztere immer noch hinter ersteren zurück, so der Bericht.

Nebst dem statistisch festgestellten digitalen Graben zwischen älteren und jüngeren Personen bestehen laut Bundesamt auch innerhalb der höheren Altersgruppen Ungleichheiten. Das Nutzungsverhalten korreliere zudem mit der sozialen Stellung. Beispielsweise sei die Wahrscheinlichkeit, angemessenen Zugang zu IKT zu haben und diese effektiv zu nutzen, bei Personen mit niedrigerem Bildungsniveau und schlechtem Gesundheitszustand geringer als bei besser ausgebildeten und gesünderen Personen. Überdies erhielten ältere Menschen, die bestimmte digitale Technologien zwar nutzten, aber häufig Mühe mit Herausforderungen wie Software-Updates oder technischen Problemen hätten, zu wenig Unterstützung. Folglich bedeute auch eine IKTNutzung nicht zwingend, dass die nötigen digitalen Kenntnisse vorhanden seien.

Die Bildungsbeteiligung pensionierter Menschen nehme zu, womit auch die Nachfrage nach entsprechenden Angeboten steige, so der Bericht weiter. Lebenslanges Lernen erfolge in verschiedenen Bildungseinrichtungen und zunehmend auch mithilfe digitaler Technologien. Sich in allen Lebensphasen weiterzubilden werde immer wichtiger, nicht zuletzt im Hinblick auf ein selbstbestimmtes Leben im Alter, bei dem die Digitalisierung und eine gute Gesundheit eine grosse Rolle spielten.

So habe eine aktuelle Schweizer Studie mit einer Stichprobe von 1004 Personen ab 60 Jahren gezeigt, dass 18% der Teilnehmenden zum Zeitpunkt der Befragung aktiv ein oder mehrere Bildungsangebote nutzten. Vor allem seien Angebote vor Ort mit Beteiligung der Teilnehmenden gewünscht, aber auch Kleingruppen- oder Projektarbeiten.

Der häufigste Grund für eine Bildungsteilnahme sei die Erweiterung des Allgemeinwissens, gefolgt vom Wunsch, geistig fit zu bleiben. Darüber hinaus gäben viele Befragte an, gerne zu lernen und sich weiterzubilden, oder sie sähen die Teilnahme an Bildungsangeboten als sinnvolle Freizeitbeschäftigung an, die ihnen bei der Bewältigung des Alltags helfe.

Die grössere Heterogenität und Vielfalt der Lebenssituationen älterer Menschen sei auch eine Folge der zunehmenden Mobilität in einer globalisierten Welt. Das internationale Mobilitäts- und Migrationsverhalten werde von verschiedenen Faktoren beeinflusst, z. B. von Lebenshaltungskosten, familiären Motiven, Wohneigentum, Freizeit und Klima – sowohl bei den Personen mit als auch bei Personen ohne Migrationshintergrund.

Vor dem Hintergrund der steigenden Lebenserwartung und Diversität hat sich auch die Langzeitpflege verändert, so das Bundesamt weiter. Die institutionelle Pflege der Alters- und Pflegeheime ist demnach rückläufig, die ambulante Pflege und intermediäre Modelle (Tagesbetreuung, Nachtbetreuung, Kurzaufenthalte in Alters- und Pflegeheimen, Alterswohnungen etc.) nehmen an Umfang zu. Die Grenzen zwischen stationärer Versorgung und dem Verbleib zuhause verschwimmen immer mehr, so der Bericht. Diese Entwicklung sei zwar generell, zwischen den Regionen und Kantonen bestünden aber grosse Unterschiede.

Trotz der mehrheitlich guten Situation der älteren Bevölkerung sei Altersarmut weiterhin präsent. Insbesondere Personen, deren Einkommen hauptsächlich aus Leistungen der ersten Säule besteht (Alters- und Hinterlassenenversicherung AHV und gegebenenfalls Ergänzungsleistungen), stünden häufig finanziell schlecht da; sie weisen demnach eine überdurchschnittlich hohe Quote materieller und sozialer Deprivation auf.

Weitere Merkmale der Armut im Alter seien Geschlecht, Alter, Partnerschaft, Nationalität, Bildungsstand. Diese Faktoren waren laut Bundesamt bereits für die traditionelle Altersarmut des 20. Jahrhunderts massgebend. Sie spielten auch für gesundheitliche Ungleichheiten eine Rolle: Bildungsniveau, Einkommen, Migrationserfahrung sowie soziale Isolation könnten den Gesundheitszustand im Alter und die Lebenserwartung beeinflussen.

Analoges gelte hinsichtlich der Möglichkeiten der gesellschaftlichen Partizipation, heisst es weiter. Deren Grad stehe in engem Zusammenhang mit dem Bildungsniveau, dem Einkommen sowie weiteren Ungleichheitsfaktoren. Dies, obwohl entsprechende Angebote wie Weiterbildung, körperliche und sportliche Aktivitäten, das Engagement in der Freiwilligenarbeit, politische Partizipation oder digitale Aktivitäten ebenso zugenommen hätten wie die beruflichen Tätigkeiten.