Sozialhilfe in Städten: stabile Quoten – Wohnungsnot verschärft den Druck

30. Okt. 2025

Die Sozialhilfequoten in 14 Schweizer Städten bleiben insgesamt stabil. Zugleich verschärft die Wohnungsnot die Lage – Sozialdienste schlagen Alarm und reagieren mit neuen Ansätzen.

Die Städteinitiative Sozialpolitik legt ihren Kennzahlenbericht 2024 vor und konstatiert über alle 14 Vergleichsstädte hinweg nur geringfügige Veränderungen gegenüber dem Vorjahr. Die Zahl der unterstützten Personen ist leicht gestiegen, allerdings weniger stark als die ständige Wohnbevölkerung, womit die Sozialhilfequote gesamthaft eher rückläufig ist. Darauf macht die Trägerin des jährlichen Städtevergleichs aufmerksam. Zugleich weist sie darauf hin, dass sich die Erhebungssystematik im Rahmen der Modernisierung der Sozialhilfestatistik im Übergang befindet und Jahresvergleiche zwischen 2023 und 2024 in einzelnen Städten nur vorsichtig zu interpretieren seien.

Im Städtevergleich zeigt sich weiterhin eine grosse Spannbreite: Biel weist mit 9,1 Prozent die höchste Sozialhilfequote aus, Lausanne kommt auf 7,2 Prozent, Basel und Bern liegen bei 5,0 Prozent, Zürich bei 3,5 Prozent, Luzern bei 3,9 Prozent, St. Gallen bei 3,8 Prozent, Schlieren bei 3,7 Prozent, Chur bei 2,3 Prozent, Uster bei 1,9 Prozent, Wädenswil bei 1,7 Prozent und Zug bei 1,4 Prozent. Diese Unterschiede hängen – so die Auswertung – wesentlich mit der Bevölkerungsstruktur, dem Arbeitsmarktumfeld, der Zentrumsfunktion sowie der Wohnungssituation zusammen. Besonders ins Gewicht fallen Anteile von Einelternhaushalten, Personen ohne formellen Berufsabschluss und ausländische Wohnbevölkerung, was sich in den städtischen Kontextindikatoren niederschlägt.

Zum Schwerpunktthema «Wohnen und Sozialhilfe» erweitert der Bericht den Blick: Die Sozialdienste aus 20 Städten der Deutsch- und Westschweiz schätzen das Angebot an günstigem Wohnraum «generell als zu klein» ein; das gilt ebenso für gemeinnützigen Wohnraum beziehungsweise Wohnungen nach Kostenmiete. Besonders angespannt sind die Märkte dort, wo Leerwohnungsziffern extrem tief sind – bis hin zu Werten nahe null in den grossen Zentren. 16 von 20 befragten Sozialdiensten berichten, die Zahl der Menschen, die akut von Wohnungsverlust bedroht sind, habe in den vergangenen fünf Jahren zugenommen. «Neben finanziell eng gesetzten Grenzen, die den Sucherfolg einschränken, kommen die Stigmatisierung und der stetig drohende Verlust der eigenen vier Wände erschwerend hinzu», so die Autorin des Fokuskapitels, Michelle Beyeler von der Universität Zürich. Gleichzeitig betont die Städteinitiative: «Doch auch ihr Spielraum hat Grenzen», da die Wohnraumknappheit ein gesamtgesellschaftliches Problem sei, das die Sozialhilfe nicht alleine lösen könne.

Die Praxisberichte der Sozialdienste zeigen, dass die Arbeit vermehrt über reine Geldleistungen hinausgeht. Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter vermitteln Wohnungen, verhandeln mit Vermieterinnen und Vermietern und setzen auf Prävention, etwa mit Frühintervention bei Mietrückständen, Mietzinsgarantien, Wohnbegleitung oder – für besonders vulnerable Personen – Housing-First-Programmen. Die Städte bauen hierfür teilweise neue Strukturen auf, von spezialisierten Beratungsstellen über soziale Hauswartungen bis zu Kooperationen mit Genossenschaften. Zugleich laufen in mehreren Städten Pilotprojekte, um Exmissionen früh zu verhindern und Übergangslösungen zu sichern. Der Bericht verweist zudem auf den Bedarf an systematischerer Datenlage zu Wohnungslosigkeit und prekären Wohnverhältnissen, insbesondere in der Deutschschweiz.

Unterm Strich bleibt das Bild zweigeteilt: Während die Sozialhilfequoten insgesamt stabil bleiben und in mehreren Städten sogar sinken, nimmt der Druck durch die Wohnungsnot zu – mit unmittelbaren Folgen für armutsbetroffene Haushalte. Die Städteinitiative sieht daher nicht nur die Sozialdienste, sondern auch kommunale, kantonale und nationale Wohnpolitiken in der Pflicht: Zielwerte für gemeinnützigen Wohnraum, baurechtliche Instrumente und eine engere Einbindung privater Akteure sollen Verdrängung und Wohnungslosigkeit entgegenwirken.