ZHAW evaluiert Tandemprogrammen zwischen Ortsansässigen und Flüchtlingen

ZHAW evaluiert Tandemprogrammen zwischen Ortsansässigen und Flüchtlingen

Die ZHAW Soziale Arbeit begleitete ein Tandemprogramm der Fachstelle Integration des Kantons Zürich. Die wissenschaftliche Evaluation zeige, welche Faktoren zum Erfolg führten und wo es noch Entwicklungspotenzial gebe, so die Hochschule.

Über die Wirkung von Tandemprogrammen, bei denen ortsansässige Freiwillige Geflüchtete im Alltag begleiten, gibt es bisher wenig Forschung, so die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW in einem Bericht. Deshalb habe die Fachstelle Integration des Kantons Zürich die ZHAW Soziale Arbeit beauftragt, das kantonale Tandemprogramm, das als Pilotprojekt von Juni 2021 bis Dezember 2023 lief, umfassend zu evaluieren.

Die durchschnittliche Dauer der Tandems betrug demnach acht Monate. Bei den meisten habe das soziale Miteinander im Mittelpunkt gestanden, was auch der Zielsetzung des Programms entspreche. Insgesamt konnten in den 31 Monaten des Pilotprojekts 727 Tandems realisiert werden. Das sei zwar nur gut die Hälfte der geplanten Projekte, trotzdem könne es als Erfolg gewertet werden, so der Bericht.

Insbesondere das Matching sei ein zentraler Punkt für den Erfolg eines Tandems. Die Evaluation der ZHAW zeige, dass es wichtig sei, dass die Bedürfnisse und Erwartungen von geflüchteter und freiwillig tätiger Person, aber auch deren Voraussetzungen in der Lebenssituation optimal zusammenpassten.

Angesichts der häufig von Ohnmachtserfahrungen und Vulnerabilität geprägten Lebenssituation von geflüchteten Personen sei die professionelle Begleitung der Tandems und insbesondere auch der Freiwilligen besonders wichtig, so die ZHAW weiter.

Die Evaluation habe gezeigt, dass Tandembeziehungen vielfältige positive Wirkungen entfalten könnten, so der Bericht. Dazu gehörten emotionale Unterstützung, Hilfe bei administrativen Tätigkeiten, bessere Orientierung in der Wohngemeinde und die Förderung des sozialen Zusammenhalts.

Auf der Grundlage der Evaluation wurden fünf Entwicklungsfelder und zwölf Empfehlungen für das Tandemprogramm formuliert. Dazu gehören laut Bericht die Förderung sozialarbeiterischer Kompetenzen der Koordinatorinnen und Koordinatoren und die Weiterentwicklung von Weiterbildungsangeboten für freiwillig Tätige.

Die Teilnahme an einem Tandem könne für geflüchtete Personen vielseitige positive Wirkungen entfalten, so der Bericht. Diese umfassten emotionale Unterstützung in belasteten Lebenssituationen ebenso wie die Erfüllung sehr spezifischer Bedürfnisse, z.B. die gezielte Hilfe bei der Vorbereitung auf eine Prüfung oder bei der Erledigung von administrativen Tätigkeiten.

Auch eine bessere Orientierung in der Wohngemeinde und erleichterte Zugänge zu deren Angeboten gehörten zu den beobachteten positiven Wirkungen eines Tandems. Probleme bei der sprachlichen Verständigung, Zeitmangel auf beiden Seiten oder das Vorhandensein von nicht erfüllbaren Erwartungen behinderten eine gute Tandembeziehung und positive Wirkungen.

Ferner gelinge es in den Tandems nicht immer, eine Beziehung «auf Augenhöhe» herzustellen, auch wenn die Umsetzungsorganisationen einiges dafür tate, entsprechende Werthaltungen zu fördern. Kulturalistische und paternalistische Haltungen seien nach wie vor verbreitet mit der Wirkung, dass die geflüchteten Personen in eine weitere Abhängigkeit geraten könnten, heisst es im Bericht.

Bei den Freiwilligen bestehe die grösste Wirkung des Tandems darin, die Lebenssituation geflüchteter Personen nun besser verstehen zu können. Viele hätten in den Tandems Freundschaften geschlossen und könnten ihre Haltungen z.B. in Bezug auf eine Beziehung auf Augenhöhe nun besser reflektieren.

Tandembeziehungen vermögen vielfache positive Wirkungen zu erzielen und für die Beteiligten eine hohe Bedeutung haben, wie sich dies auch im Fall des Tandemprogramms des Kantons Zürichs zeigte, resümiert die Studie.

Gleichzeitig sei der Einsatz von Freiwilligen gerade in einem Bereich wie dem Asylbereich, der von solch hoher Vulnerabilität geprägt sei, kein Selbstläufer, sondern hohe Professionalität und ein sorgfältiges Qualitätsmanagement seien hier besonders zwingend. Das Tandemprogramm im Kanton Zürich verfüge mit seiner Anlage und Ausgestaltung über eine sehr gute Ausgangslage und sehr gute Bedingungen, um diesen Herausforderungen gerecht zu werden.

Die Evaluation benennt fünf Entwicklungsfelder mit damit verbundenen zwölf Empfehlungen, die jeweils kontextbezogen und spezifisch für jede Organisiert diskutiert und angepasst werden müssen, so der Bericht.

Die fünf Entwicklungsfelder sind: Rolle der Fachstelle Integration als Auftraggeberin, fachliche Qualität im Tandemprogramm, spezifische Anlage des Programms, Rekrutierung von Freiwilligen sowie Weiterbildungen und flankierende Angebote für Freiwillige und Geflüchtete.

Die Evaluation zeige, welch hohe Bedeutung eine Tandembeziehung im Leben der Geflüchteten haben könne, so der Bericht. Ein Tandem könne eine primär emotionale Ausrichtung haben, hier stünden die Gespräche, die emotionale Unterstützung in sozial isolierten Lebenssituationen, erste entstehende Freundschaften mit der lokalen Bevölkerung im Vordergrund.

Andere Tandems seien primär funktional ausgerichtet, es seien hier spezifische Ziele, die die Geflüchteten dank dem Tandem erreichen wollten – etwa das Lernen der deutschen Sprache im Hinblick auf einen Ausbildungsschritt, die Unterstützung beim Lernen für eine Prüfung oder die Hilfe bei der Orientierung an einem neuen Ort.

Die Tandems vermögen so im Einzelfall ein wichtiges Gegengewicht in der ansonsten hoch herausfordernden und oftmals stark fremdbestimmten Lebenssituation von geflüchteten Personen und Familien zu bieten, so die Studie weiter.

Dabei zeigten sich positive Wirkungen auch unabhängig davon, wie lange die geflüchteten Personen bereits in der Schweiz anwesend seien, und ob das Tandem eher auf Eigeninitiative der Geflüchteten oder über die Vermittlung von Fachpersonen zustande käme.

Auch auf Seiten der involvierten Freiwilligen lassen sich laut Auswertung wichtige positive Effekte zeigen: Sie berichten gemäss Bericht davon, dass sie durch das Tandem die Lebenssituation von geflüchteten Personen besser gelernt haben zu verstehen, bezüglich Flucht- und Migrationsthemen sensibilisiert wurden und für sie wichtige und bereichernde Freund- und Bekanntschaften geschlossen haben.