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Zürcher Corona-Manifest: “Kein sozialer Tod vor dem realen Tod”

Nov 13, 2020 | Aktuelles - Corona, Archiv

Angesichts der Corona-Krise rufen die Kirchen der Stadt Zürich zur ökumenischen, diakonischen Tapferkeit auf. Social distance heisst human contact, heisst es dazu in einem Manifest.

Corona bestimmt seit Monaten all unser Denken und Handeln, kein Lebensbereich bleibt verschont, heisst es im Corona-Manifest der reformierten, der katholischen und der christkatholischen Kirche der Stadt Zürich. Die zweite Welle sei fast noch brutaler, weil erst jetzt auf dramatische Art klar würde, dass diese Pandemie noch lange belastete und fordere.

Corona sei längst bis in die tiefsten Verästelungen der Psyche vorgedrungen und führe uns auf erschreckende Weise unsere Verletzlichkeit vor Augen. Lange hätten wir Krankheit, Gebrechlichkeit und Tod erfolgreich aus unserem Alltag verdrängt. Nun gewinne der Tod mitten im Leben neue Macht über uns.

Trotz allen Leides bringe die Corona-Pandemie auch ganz neue Erfahrungen von Solidarität hervor. Soziale Verantwortung werde im Alltag konkret. Der Erfahrung des Todes setze man die Liebe zum Leben entgegen. Am Martinitag riefen die Zürcher Stadtkirchen deswegen zu ökumenischer, diakonischer Tapferkeit auf. Dazu formulierten die Kirchen sieben Leitsätze.

Mit Blick auf Advent und Weihnachten sollten Kranke, Gefangene, Einsame und Sterbende demnach noch achtsamer besucht werden, damit niemand allein bleibe. Es gelte, menschliche Nähe in Kirchenkreisen, Pfarreien und Nachbarschaften einzurichten. Social distance heisst human contact, so das Manifest.

In Heimen und Spitälern gelte im Zusammenspiel von Seelsorgenden und Verantwortlichen, situativ abzuwägen und individuelle Begleitung zu ermöglichen, statt sie zu verbieten. Kein sozialer Tod vor dem realen Tod, heisst es dazu im Manifest. Niemand solle einsam und isoliert sterben müssen. Entsprechend müssten soziale Bedürfnisse neben den gesundheitlichen Bedürfnissen gleichwertig wahrzunehmen. Mensch-Sein sei mehr als Gesund-Sein.

Die Arbeit mit Gruppen und Freiwilligen solle mit den Schutzmassnahmen der Behörden kreativ und mit Phantasie vor Ort weitergeführt und gefördert werden. Sobald es die Situation wieder zulasse, sei ausserdem ein dringlicher Diakonie-Kongress unter Einbezug der entsprechenden Fachpersonen von Kirche und Gesellschaft einzuberufen.