Amnesty sieht Völkerrecht am Scheideweg

24. Apr 2024

Die internationalen völkerrechtlichen Institutionen sind fast vollständig gelähmt, bilanziert Amnesty International im aktuellen International Report. Die Welt sehe sich den erschreckenden Folgen eskalierender Konflikte gegenüber.

Die Unterdrückung der Menschenrechte und die grossflächige Verletzung des Völkerrechts seien alarmierend, insbesondere angesichts zunehmender globaler Ungleichheit, dem Ringen der Supermächte um eine Vormachtstellung in der Welt und der eskalierenden Klimakrise, sagte die Generalsekretärin von Amnesty International, Agnès Callamard, laut Medienmitteilung.

Neue und bereits existierende Technologien würden dank mangelnder Regulierung routinemässig von militärischen, politischen und privatwirtschaftlichen Akteurinnen und Akteuren instrumentalisiert und trügen so zu Rechtlosigkeit, Diskriminierung und Straflosigkeit bei. Mit Spionagesoftware und Massenüberwachungsinstrumenten würden Grundrechte und Grundfreiheiten verletzt; insbesondere von bereits marginalisierten Gruppen.

In einer zunehmend unsicheren Welt werde die unregulierte Verbreitung und Nutzung von Technologien wie generativer KI, Gesichtserkennung und Spionagesoftware zu einem bösartigen Feind, der Verletzungen des Völkerrechts und der Menschenrechte massiv ausweite und verstärke, so Agnès Callamard laut Mitteilung.

Weltweit seien Millionen Menschen auf der Flucht vor Konflikten. Zur Durchsetzung von Migrationspolitik und Grenzkontrollen seien vielerorts Technologien eingesetzt worden, die grosse Risiken für die Menschenrechte bedeuteten, wie digitale Alternativen zur Inhaftierung, Anwendungen zur Überwachung der Grenzen, Software zur Datenanalyse, Biometrie-Tools und algorithmische Entscheidungssysteme, so die Mitteilung. Diese allgegenwärtigen Technologien leisteten Diskriminierung, Rassismus und der unverhältnismässigen und rechtswidrigen Überwachung rassifizierter Menschen Vorschub.

Kritik übt Amnesty International im Länderkapitel zur Schweiz an der generellen Bewilligungspflicht für öffentliche Kundgebungen und der Überwälzung ausserordentlicher Polizeikosten auf Demonstrierende in mehreren Schweizer Kantonen. Unbewilligte friedliche Demonstrationen seien gewaltsam aufgelöst worden, so die Mitteilung, unter anderem in Basel und Genf. Nach der Eskalation des Nahostkonflikts seien zudem in mehreren Städten der Deutschschweiz vorübergehende Demonstrationsverbote verhängt worden.