Bei Jobverlust springt die eigene Familie nur selten ein

Bei Jobverlust springt die eigene Familie nur selten ein

Die Familie als Sozialversicherung bei Arbeitslosigkeit - nur selten geschieht dies laut einer neuen Studie. Partnerinnen und Partner von Arbeitslosen erhöhen demnach nur selten ihr Einkommen.

Wenn die Partnerin oder der Partner die Stelle verliert, kann das eigene Einkommen erhöht werden, um den Lohnausfall abzuschwächen, besonders, wenn die Leistungen der Arbeitslosenversicherung gering sind, so die Berner Fachhochschule in einem Beitrag.

Dies geschieht jedoch nur selten und bloss in geringem Masse, so eine vom Nationalfonds finanzierte Studie der Fachhochschule. Demnach konnte die Studie beim Durchschnitt der erwerbstätigen Männer und Frauen keine Reaktion auf die Arbeitslosigkeit der Partnerin oder des Partners feststellen, weder beim Beschäftigungsgrad noch beim Einkommen, so der Bericht zur Studie.

Die Theorie besage, dass Ehegatten ihre Beschäftigung und ihr Einkommen erhöhen sollten, wenn ihr Partner seinen Arbeitsplatz verliere, so die Studie. Dieser haushaltsinterne Versicherungsmechanismus wird demnach als Added Worker Effect bezeichnet, da eine zusätzliche Arbeitskraft oder zusätzliche Arbeitsstunden zu den Haushaltsarbeitskräften hinzukommen.

Es sei wichtig, das Ausmass der haushaltsinternen Versicherung und die sie beeinflussenden Faktoren zu verstehen, so die Studie weiter. Es werde argumentiert, dass wohlfahrtsstaatliche Programme wie die Arbeitslosenversicherung die private haushaltsinterne Versicherung verdrängten. Wenn dies der Falle wäre, würden so unnötige Kosten verursacht. Die Studie lasse jedoch Anlass zur Vermutung, dass dies nicht der Fall sei.

In der Literatur würden mehrere Mechanismen identifiziert, die zusätzliche Arbeitskräfte hemmen könnten. So seien die Haushalte möglicherweise nicht darauf angewiesen, wenn sie über Vermögen, Arbeitslosenunterstützung oder Kindergeld verfügten. Zweitens seien die Partner möglicherweise nicht in der Lage, ihr Einkommen zu erhöhen, wenn sie bereits Vollzeit arbeiteten oder eine niedrige Ausbildung oder wenig Berufserfahrung hätten. Schliesslich bleibe die Möglichkeit, dass die Parterinnen oder Partner aufgrund von finanziellen Anreizen oder Normen schlicht nicht dazu bereit seien.

Obwohl die Ausbildung der Frauen diejenige der Männer laut Studie überholt hat, teilen sich die Schweizer Paare die Marktarbeit im Allgemeinen so auf, dass die Männer Vollzeit und die Frauen Teilzeit arbeiten: 60 Prozent der Frauen arbeiten Teilzeit gegenüber 18 Prozent der Männer beziehungsweise 82 gegenüber 8 Prozent bei Personen mit Kindern, wobei zwei Drittel des Haushaltseinkommens von den Männern stammt.

Die Schweizer Frauen verfügen laut Studie über eine hohe Arbeitsfähigkeit mit einer erheblichen Variabilität in der Bevölkerung. Dies mache Kapazitätseffekte wahrscheinlich. Bei den Männern sei die Situation hingegen umgekehrt, mit konstant hohen Raten der Arbeitsmarktbeteiligung und Arbeitsstunden.

Entsprechend erhöhten laut Studie einzig bisher erwerbslose Frauen aufgrund der Arbeitslosigkeit der Partnerin oder des Partners ihre Erwerbstätigkeit um durchschnittlich drei Prozent oder rund 150 Franken. Auch reagierten weniger gut situierte Paare nicht stärker als finanziell bessergestellte Paare, so der Bericht. Insgesamt gebe es keine Hinweise darauf, dass die Bedürftigkeit eine Rolle spiele, was wiederum auch damit erklärt werde, dass Personen in Haushalten mit niedrigen Einkommen nicht in der Lage seien, eine Beschäftigung zu finden oder ihre Arbeitszeit aufzustocken und häufig Zugang zu bedürftigkeitsabhängigen Leistungen hätten.

Die Studienergebnisse deuteten darauf hin, dass die Arbeitslosigkeit des Partners Frauen nicht unbedingt dazu brächte, ihre Rolle zu überdenken. Einen stärkeren Effekt sehe die Forschung hier in dem Moment, wenn Frauen ihre Balance zwischen Erwerbs- und Betreuungsarbeit ohnehin änderten. Im Gegensatz dazu kehrten Männer mit Kindern tendenziell eher in ihre traditionelle Rolle als Ernährer zurück.

Frauen können sich laut Bericht zudem in einem sich wandelnden Verhältnis von Arbeit und Familie besser an die Situation anpassen, indem sie einen geplanten Wiedereintritt in den Arbeitsmarkt beschleunigten oder eine kürzlich erfolgte Pensumsreduktion rückgängig machen könnten, so eine weitere Beobachtung.

Zweitens seien Bedarf und Kapazität keine eindeutigen Prädiktoren, wohl aber die Bereitschaft. Die Ehe spielt laut Studie eine Rolle, auch weisen die Ergebnisse in Bezug auf Kinder auf deren Bedeutung hin. Paare wollen ihre Rollen im Haushalt nicht ändern, lautet eine weitere Vermutung der Studie. So wollten sich Frauen nur dann auf das Modell einlassen, wenn sie mit gleichzeitigen Übergängen zwischen Betreuung und bezahlter Arbeit verbunden seien. Im Gegensatz dazu wechselten nicht erwerbstätige Männer mit Kindern unabhängig vom Alter der Kinder in ihre laut Studie gesellschaftlich erwartete Rolle als Ernährer.

Drittens sei die Erhöhung des Arbeitsumfanges kein Ersatz für die Arbeitslosenversicherung. Die geschätzten Effekte betrugen maximal 100-200 CHF pro Monat. Partnerinnen und Partner von Arbeitslosen passen unter dem relativ grosszügigen Arbeitslosenversicherungssystem ihre Beschäftigung oder ihr Einkommen kaum an, so ein Schluss der Studie laut Bericht. Die Familie sei somit kein potenzieller Ersatz für den Wohlfahrtsstaat. Die Erhöhung des eigenen Einkommens ist im Durchschnitt ein weibliches Phänomen, resümiert die Studie. Weder würden allfällige Leistungskürzungen von den Partnerinnen und Partnern arbeitsloser Personen aufgefangen, noch unterminiere ein zu grosszügiger Sozialstaat private Unterstützungsmechanismen, lautet ein Fazit.