Bundesrat will Menschen mit Behinderungen besser vor Gewalt schützen

19. Jun 2023

Menschen mit Behinderungen sind überdurchschnittlich stark von Gewalt betroffen, so der Bundesrat. Sie sollen durch verschiedene Massnahmen besser geschützt werden.

Mit dem Beitritt zum Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) von 2017 verpflichtet sich die Schweiz, Massnahmen zum Schutz von gewaltbetroffenen Frauen und Opfer häuslicher Gewalt umzusetzen, so der Bundesrat in einer Medienmitteilung.

Für die Schweiz lägen jedoch kaum verlässliche Daten vor. Studien aus den Nachbarländern zeigten aber, dass Frauen und Männer mit Behinderungen überdurchschnittlich stark von physischer, psychischer und sexueller Gewalt betroffen seien. Die Problematik werde dabei durch strukturelle Faktoren verstärkt. Dazu gehörten etwa Benachteiligungen in Bezug auf die Wohn- oder Arbeitssituation oder der eingeschränkte Zugang zu Beratungs- und Unterstützungsangeboten.

Ein besonders hohes Risiko, Opfer von Gewalt zu werden, haben laut Mitteilung Menschen mit Behinderungen, die in Institutionen der Behindertenhilfe lebten, von der Unterstützung Dritter abhängig oder von kommunikativen Einschränkungen betroffen seien.

Die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen seien bei der Planung und Implementierung von Massnahmen konsequent zu berücksichtigen. Dazu gehöre auch, dass die Zugänglichkeit der Beratungs- und Schutzangebote für alle Zielgruppen gewährleistet werde. Spezifische Angebote für gewaltbetroffene Menschen mit Behinderungen seien lediglich dort zu prüfen, wo der Zugang zu den Regelstrukturen nicht ausreiche. Ebenfalls einen Beitrag zur Reduktion struktureller Gewaltrisiken leisteten Massnahmen zur Gleichstellung und Förderung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und zur Gleichstellung der Geschlechter.

Eine Studie der Hochschule Luzern im Auftrag des Bundes zeige, dass die bestehenden Beratungs- und Schutzangebote für gewaltbetroffene Menschen mit Behinderungen nicht ausreichend zugänglich seien. Zum Teil seien die Angebote zu wenig bekannt oder Gebäude und Informationen sind nicht barrierefrei zugänglich. Insbesondere Frauen und Männer mit Behinderungen, die in Institutionen lebten oder arbeiteten, hätten nur bedingt Zugang zu unabhängigen Unterstützungsangeboten. Ebenfalls als verbesserungsbedürftig erwiesen sich die Vernetzung und der Wissenstransfer zwischen dem System des Gewaltschutzes und der Behindertenhilfe, so der Bundesrat weiter.