Caritas: Sozialsystem und Arbeitsmarkt benachteiligen Frauen

12. Apr 2022

Frauen sind in der Schweiz stärker von Armut betroffen und einem höheren Armutsrisiko ausgesetzt als Männer, so Caritas in einer Medienmitteilung.

Am Caritas-Forum in Bern diskutierten laut Mitteilung rund 300 Fachleute die Ursachen von Frauenarmut und suchten nach geeigneten Wegen, wie das geschlechtsspezifische Armutsrisiko reduziert werden kann. Gleichstellung sei in der Schweiz zwar verfassungsrechtlich verankert, in der Realität bestünden aber viele Lücken. Das betreffe gerade auch den Arbeitsmarkt und die Frage, welche Arbeit bezahlt werde und welche nur schlecht oder gar nicht.

Da das Altersvorsorgesystem an ein Erwerbseinkommen gekoppelt sei, verunmögliche es Frauen, die unbezahlte Care-Arbeit leisten, eigenständig eine angemessene Altersvorsorge aufzubauen. Hinzu komme, dass viele Frauen unterbeschäftigt, unterbezahlt und überbeansprucht seien – und daher oft arm trotz Arbeit.

Auch im Gesundheitswesen hätten im Namen von Qualität und Effizienz Managementmethoden Einzug gehalten. Dadurch seien zahlreiche gut bezahlte Verwaltungsjobs mit höheren Bildungsanforderungen entstanden, was den Lohndruck auf die weniger qualifizierten Tätigkeiten zusätzlich verstärkt habe. Gleichzeitig seien diese Arbeiten insbesondere im Kontakt mit und zum konkreten Nutzen von Patientinnen und Patienten entwertet worden – auch, da sie sich nur bedingt automatisieren und rationalisieren liessen. Dadurch seien sie einer zunehmend härter werdenden globalen Konkurrenz durch billige Arbeitskräfte ausgesetzt.

Die Krisenanfälligkeit der Wirtschaft verstärke den Spardruck gerade bei personenbezogenen Dienstleistungen. Zudem würden sich in Krisenzeiten traditionelle Geschlechterrollen verfestigen. In der Corona-Pandemie habe unter anderem die Schliessung von Schulen und Kitas viele Frauen in traditionelle Rollen im Haushalt und in der Kindererziehung zurückgedrängt.

Gerade Frauen seien der Gleichzeitigkeit von verschiedenen Diskriminierungen besonders stark ausgesetzt: Sie verdienten weniger als Männer, Nichtweisse litten unter Rassismus, und Migrantinnen, deren Aufenthaltsstatus vom Ehemann oder Arbeitgeber abhängig sei, könnten sich gegen Gewalt nicht wehren, ohne zu befürchten, ausgeschafft zu werden. Diese gelte es bei den Massnahmen zur Bekämpfung der Frauenarmut zu berücksichtigen.