Caritas: Teuerung erhöht Armutsrisiken bis in den unteren Mittelstand

19. Dez 2023

Die Lebenshaltungskosten seien in den vergangenen eineinhalb Jahren so stark gestiegen wie schon lange nicht mehr, so Caritas Schweiz im aktuellen Sozialalmanach. Haushalte mit geringen finanziellen Mitteln spürten dies überdurchschnittlich stark. Die Reaktion der Politik sei verhalten.

Die Ausbreitung der Armut in der Schweiz war im laufenden Jahr ein wiederkehrendes Thema in den Medien, so Caritas Schweiz. Zwar gehe die Zahl der Menschen, die Sozialhilfe erhalten, erfreulicherweise zurück, wie das Bundesamt für Statistik bekanntgab. Aber Grund zur Entwarnung sei dies nicht, denn die Schwelle für den Bezug von Sozialhilfe sei sehr tief angesetzt.

Man habe es mit Preissteigerungen zu tun, wie es sie seit Anfang der 1990er Jahre nicht mehr gegeben habe, so Caritas Schweiz. Entsprechend gravierend seien die Folgen für einen grösser werdenden Anteil der Bevölkerung.

Hauptursachen seien die allgemeine Teuerung, der Anstieg der Krankenkassenprämien und die steigenden Mieten. Die Kumulation dieser drei Faktoren bringe Haushalte mit tiefem Einkommen, besonders Familien, in existenzielle Not, so die Mitteilung.

Vor allem das Wohnen werde für viele zum grossen Problem. Haushalte mit tiefem Einkommen gäben schon heute zu viel Geld für die Miete aus. Im Durchschnitt wendeten die ärmsten 20 Prozent über einen Drittel ihres Bruttoeinkommens für Wohnen und Energie auf.

In den nächsten Jahren werde die Belastung noch zunehmen. Der neuerliche Anstieg des Referenzzinssatzes Anfang Dezember bringe ab April 2024 für die Mehrheit der Mieterinnen und Mieter höhere Kosten. Zudem stiegen die Nebenkosten weiter an, weil im Januar ein neuerlicher Preissprung bei den Stromkosten bevorstehe.

Inflation, Prämienexplosion und steigende Mieten seien ein giftiger Mix für alle, die sich in einer schwierigen finanziellen Situation befänden, so die Mitteilung weiter. Gemäss verschiedenen Untersuchungen aus den vergangenen Jahren treffe das auf rund einen Fünftel der Haushalte zu.

Viele von ihnen hätten zudem bereits in der Corona-Pandemie von ihren Reserven zehren müssen und hätten nun keinen Puffer mehr. Auch die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt ändere wenig daran. Viele Löhne seien schlicht zu tief, und die unteren und mittleren Löhne hielten nicht mit den steigenden Lebenshaltungskosten mit, so die Mitteilung weiter. Das führe zum Phänomen der Working Poor, das Menschen treffe, die trotz Einkommen kein Auskommen hätten.

Die Reaktion der Politik auf die steigenden Lebenshaltungskosten seien verhalten, so Caritas Schweiz weiter. Das nationale Parlament habe sich weder auf einen vollen Teuerungsausgleich bei AHV- und IV-Renten sowie Ergänzungsleistungen noch auf eine ausserordentliche Erhöhung der individuellen Prämienverbilligung festlegen können.

Einige Kantone hätten zwar ihre Budgets oder die Einkommensobergrenze für die Anspruchsberechtigung leicht erhöht, sodass mehr Personen von der Prämienverbilligung profitieren könnten. Die Teuerung und den Anstieg der Prämien gleiche dies jedoch bei weitem nicht aus.