Der Alltag Jugendlicher im Krisenmodus

Der Alltag Jugendlicher im Krisenmodus

Den Umgang mit den vielfältigen Krisen zu lernen, ist besonders für Jugendliche eine Herausforderung. Ein Leben im Krisenmodus zu führen, ist seit dem Beginn der Corona-Pandemie für viele eine Realität, zeigen verschiedene Untersuchungen.

Eine Studie der Universitäten Hildesheim und Frankfurt befragte junge Menschen zwischen 15 und 30 Jahren, welche Zeit der Pandemie bis Herbst 2021 sie als die schwerste und welche sie als leichteste Zeit empfunden hatten. Demnach wurde der Sommer 2021 von fast der Hälfte der jungen Menschen als leichteste Zeit und der Winter 2020 von gut einem Drittel als schwerste Zeit empfunden. Vielen jungen Menschen fehlten zudem laut Studie Vertrauenspersonen, sei es in der professionellen Hilfe und Beratung oder als emotionaler Support innerhalb, aber auch außerhalb der
Familie.

Mit der Pandemie gehen für viele junge Menschen auch steigende Geldsorgen und damit verbunden höhere Belastungen, Zukunftsängste und Unsicherheiten einher, so ein Bericht im Themenheft “Woche für das Leben 2023” der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Deutschen Bischofskonferenz.

15,2 % der 15- bis 30-Jährigen gaben demnach an, dass sie während der Pandemie professionelle Beratungs- und Hilfsangebote in Anspruch nahmen bzw. nehmen. 22,8 % gaben an, dass sie Bedarf nach Hilfs- und Beratungsangeboten hätten, diese aber nicht zur Verfügung haben. Positive Veränderungen konnten über den Verlauf der Pandemie lokal, beispielsweise bei der digitalen Ausstattung, wahrgenommen werden. Im Winter 2021 gaben zudem viele junge Menschen an, ihre Hobbys wieder aufgenommen zu haben, was auch einen positiven Einfluss auf die psycho-sozialen Belastungen habe, so der Bericht weiter.

Ein Online-Befragung von Jugendlichen vom Dezember 2021 ergab, dass sich einige Jugendliche inzwischen politisch mehr gehört fühlen; allerdings hat die Mehrheit nach wie vor den Eindruck, dass sie politische Entscheidungen nicht beeinflussen kann.

Positiv vermerken einige Jugendliche auch, dass ihre Schulen nun digital besser ausgestattet seien. Auch der Anteil von Jugendlichen, die wieder ihren Hobbies nachgehen können, hat sich erhöht. Hier wird deutlich, wie wichtig die außerschulischen Aktivitäten für junge Menschen sind, so eine Mitteilung der deutschen Kinder- und Jugendhilfe: Die Ergebnisse der Studie unterstrichen, dass diejenigen, die Hobbies weiterhin nachgehen könnten, weniger häufig von psycho-sozialen Belastungen berichteten als diejenigen, welche deutliche Einschränkungen in ihrem Sozialleben erfahren hätten.

Junge Menschen bemühten sich auch in dieser schwierigen Zeit, ihre Gestaltungsmöglichkeiten zu nutzen, so die Mitteilung weiter. Das könnten sie aber nur, wenn sie sozial und ökonomisch abgesichert seien. Junge Menschen mit eigenen finanziellen Sorgen seien bisher kaum in den Blick genommen worden. Man sehe, dass es für einen sehr großen Teil unter den Befragten so gravierende psycho-soziale oder andere gesundheitliche Belastungen gebe, dass sie professionelle Hilfe benötigten, die Hilfeinfrastrukturen diesen Bedarf aber gar nicht ausreichend decken könnten.

Eine weitere Studie zweier Jugendforscher offenbarten im Sommer 2021 eine gravierende Verschlechterung der psychischen Gesundheit und ein Gefühl des Kontrollverlustes über das eigene Leben, so das Materialheft zur Woche für das Leben weiter. Bei der Anschlussbefragung im Winter 2021/22 habe sich der Blick auf die psychische Gesundheit etwas verbessert.

So hätten im Winter 2021/22 40 % der Befragten angegeben, die eigene psychische Gesundheit habe sich durch die Corona-Krise verschlechtert. 37 % gaben demnach an, dass sich das Gefühl des Kontrollverlustes des eigenen Lebens durch die Pandemie verschlechtert habe. Diese Ergebnisse seien aber immer noch irritierend, denn im Jugendalter seien das psychische Wohlbefinden und das Gefühl der Selbstkontrolle von ganz besonderer Bedeutung, weil zum ersten Mal im Lebenslauf aktiv der Versuch gemacht werde, die eigene Position in der Gesellschaft zu bestimmen. Gelinge dieser Versuch nicht, könne es zu erheblichen Verunsicherungen und Entwicklungsstörungen kommen.

Daher seien die Ergebnisse nach wie vor alarmierend, zumal auch 24 % der jungen Menschen angegeben hätten, dass sich ihre körperliche Gesundheit während der Pandemie verschlechtert habe. Zudem sähen 29 % der Jugendlichen nach wie vor eine Verschlechterung der Freundschaftsbeziehungen, 25 % eine verschlechterte finanzielle Situation und 20 % verschlechterte schulische und berufliche Perspektiven.

Ein Großteil der jungen Menschen habe sich an Homeoffice und Homeschooling gewöhnt und einen guten Umgang damit gefunden. Jedoch hätten auch 14 % angegeben, dass sie wegen der Pandemie ihren Abschluss später erlangten. 9 % seien von Kurzarbeit betroffen und 5 % brächten die erfolglose Suche nach einem Arbeits- oder Ausbildungsplatz mit der Pandemie in Verbindung. 5 % hätten zudem angegeben, dass sie aufgrund der Pandemie keinen Abschluss gemacht hätten und 2 % hätten ihr Studium wegen der Pandemie abgebrochen.

Eine weitere Studie des medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest konnte im Bereich der Freizeitaktivitäten junger Menschen in der Gestaltung der Freundschaftsbeziehungen knappe positive Tendenzen wahrnehmen, so das Materialheft der EKD und Bischofskonferenz. Demnach gaben 2021 63 % der jungen Menschen an, täglich oder mehrmals pro Woche Freundinnen und Freunde zu treffen; im Vorjahr waren es 61 %. Zurückgegangen seien im Vergleich der Jahre 2020 und 2021 jedoch die Anzahl der jungen Menschen, die täglich oder mehrmals pro Woche Sport machten (2020: 60 %; 2021: 51 %), die Familienunternehmungen (2020: 40 %, 2021: 32 %) und das Musizieren (2020: 23 %, 2021: 14 %).

Zudem fehlten über der Hälfte der 12- bis 19-Jährigen Feste und Veranstaltungen; ebenso der Sport im Verein oder mit Anderen. 69 % machen sich Sorgen um die Gesundheit der eigenen Familie oder der Freundinnen und Freunde. Im Vergleich dazu machten sich nur 53 % Sorgen um die eigene Gesundheit.