Der Bedarf an Palliative Care in der Schweiz nimmt zu

11. Jul 2023

Um 25 bis 30 Prozent wird der Bedarf an Palliative Care laut einer aktuellen Studie in der Schweiz bis 2050 steigen. Derzeit haben laut wissenschaftlichen Erkenntnissen rund 50000 Personen Bedarf. Für die Versorgungsplanung greife diese Schätzung jedoch zu kurz, so die Studie. Bedarf an der Versorgung in verschiedenen Strukturen haben laut Studie zwischen 104'000 bis 715'000 Personen.

Derzeit weisen in der Schweiz nach wissenschaftlichen Erkenntnissen 50000 Personen am Lebensende einen Bedarf an Palliative Care an, so die vom Bundesamt für Gesundheit in Auftrag gegebene Grundlagenstudie Bedarf an Palliative Care. Davon benötigen 10000 Personen zusätzlich spezialisierte Palliative Care. Die Schweiz reihe sich damit im internationalen Vergleich nahe dem Mittelwert ein.

Diese populationsbasierten Bedarfsschätzungen basieren auf Daten der Todesfallstatistik und orientieren sich an der Häufigekit der Todesfälle aufgrund unheilbarer Krankheiten, so das Fazit der Studie. Damit werde der Bedarf an Palliative Care jedoch auf den Zeitpunkt des Lebensendes und auf die Todesursache reduziert. Palliative Care beginne jedoch schon früher und gehe über die Symptomkontrolle am Lebensende hinaus. Somit würden die aktuell genutzten Schätzungen nicht allen Aspekten der Palliative Care gerecht, so die Studie.

Die Anzahl Personen, die Bedarf an der Versorgung in verschiedenen Strukturen haben, liegt laut Studie zwischen 104’000 bis 715’000 Personen. Eine Person kann über den gesamten Krankheitsverlauf Bedarf an verschiedenen Versorgungsstrukturen haben, wobei ein fachlich empfohlener früher Einsatz von Palliative Care die Phase der Inanspruchnahme zusätzlich erweitert.

Die grosse Bandbreit der geschätzten Anzahl Personen mit strukturspezifischem Palliative-Care-Bedarf zeige zudem, wie komplex die Einschätzung der individuellen Patientenbedürfnisse, der verschiedenen Krankheitsverläufe und der bestehenden Versorgungsstrukturen sei, so die Studie weiter. Insgesamt betrachtet sei Palliative Care ein weit gefasster Begriff, der in der Praxis unterschiedlich ausgelegt werde. Es gebe keine hinreichende Definition, die für ein einheitliches Verständnis ausreiche.

Bis im Jahr 2050 werde der Palliative-Care-Bedarf um 25 bis 30 Prozent zunehmen, wobei der stärkste Anstieg bei den älteren Personen zu erwarten sei, so die Schätzung der Grundlagenstudie. Dies aufgrund der wachsenden Bevölkerung und dem steigenden Anteil älterer Menschen.

Würden sich die Entwicklungen der letzten Jahre gleichermassen fortsetzen, werde der Anteil Personen über 65 Jahre um die Hälfte steigen, während sich der Anteil Personen über 80 Jahre verdoppeln werde. Diese Entwicklungen hätten Einfluss auf den Gesundheitszustand der Bevölkerung.

Mit zunehmendem Alter treten Mehrfacherkrankungen und Erkrankungen wie Demenz und Krebs auf, so die Studie weiter. Gemäss jüngsten Prognosen für die Schweiz werde die Anzahl Personen, die an Demenz leiden, bis 2050 um 117 Prozent steigen. Die Weltgesundheitsorganisation geht laut Studie ausserdem davon aus, dass sich die Zahl der Krebsfälle weltweit bis 2040 fast verdoppeln werde. Das bedeute, dass in der Schweiz in Zukunft nicht nur mehr ältere Menschen, sondern auch mehr Menschen, die Pflege benötigen, lebten.

Die konkreten Auswirkungen weiterer gesellschaftlicher Entwicklungen könnten in verschiedene Richtungen gehen und seien derzeit nicht zu quantifizieren, schliesst die Studie. Der zukünftige Palliative-CareBedarf und die Inanspruchnahme von entsprechenden Versorgungsstrukturen hängen unter anderem von der Gesundheit der Bevölkerung, individuellen Präferenzen der Patienteninnen und Patienten, der Qualität der einzelnen Versorgungsstrukturen, medizinischen Fortschritten, sozio-kulturellen Einflüssen und der regionalen Versorgungspolitik ab.

Im Juni 2021 hat der Nationalrat eine Motion für eine angemessene Finanzierung der Palliative Care überwiesen. Das Bundesamt für Gesundheit ist für die Umsetzung zuständig. Das Bundesamt hat das Institut Interface mit der Erarbeitung einer Grundlagenstudie zum Bedarf beauftragt.