Diakonie Schweiz veröffentlicht aktuelle Zahlen zur Sozialdiakonie in der Schweiz

Diakonie Schweiz veröffentlicht aktuelle Zahlen zur Sozialdiakonie in der Schweiz

Mehr Anstellungsverhältnisse, 65% Frauenanteil und Anstellungen zumeist im Teilzeitbereich: die Diakonie Schweiz legt zum zweiten Mal nach 2018 aktuelle Zahlen zu sozialdiakonischen Anstellungsverhältnissen in den evangelisch-reformierten Kirchen vor.

Mit der vorliegenden Studie «Sozialdiakonie in Zahlen» legt die Konferenz Diakonie Schweiz der EKS nach 2018 erneut eine detaillierte Erhebung zur Anzahl sozialdiakonischer Anstellungsverhältnisse in den evangelisch-reformierten Kirchen der Deutschschweiz vor. Die Studie umfasst neben den quantitativen Aspekten – absolute Anzahl an Anstellungsverhältnissen, Geschlechterverhältnis, Altersstruktur und mehr – erstmals auch qualitativ orientierte Rückmeldungen der Mitgliedkirchen zur Situation der Personalrekrutierung und Nachwuchsförderung.

Die Anzahl sozialdiakonischer Anstellungsverhältnisse erweist sich im Rückblick der letzten fünf Jahre als bemerkenswert stabil bzw. leicht steigend. Während 2018 noch 681 Anstellungsverhältnisse ausgemacht werden konnten, so sind es mit dieser Erhebung 691. Der Anteil der Anstellungsverhältnisse in der Jugendarbeit, die erstmals erhoben wurden, macht im Gesamtsetting der Sozialdiakonie rund 40 % aus.

Der Frauenanteil innerhalb der sozialdiakonischen Anstellungsverhältnisse liegt bei 65 %. Damit liegt in der Sozialdiakonie eine deutliche Übervertretung der Frauen vor, allerdings in abgeschwächtem Ausmass gegenüber der Situation in anderen sozialen Berufen.

Im Blick auf die Altersstruktur der in der Sozialdiakonie tätigen Personen ist feststellbar, dass die Gruppen der über 50-, über 55- und über 60-jährigen Personen am häufigsten vertreten sind. Gemäss einer Extrapolation sind demnach in den kommenden zehn Jahren rund 240 Stellenverhältnisse allein altersbedingt neu zu besetzen. Gegenüber der Erhebung von 2018, als von 159 altersbedingten Neubesetzungen die Rede war, hat sich damit der absehbare Rekrutierungsbedarf nochmals deutlich erhöht.

Sozialdiakoninnen und -diakone sind zumeist im Teilzeitbereich angestellt, namentlich oft mit Pensen zwischen 50 und 80 %. Die Sozialdiakonie ist damit ein ausgesprochener Teilzeitberuf. Für Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen auf Vollzeitstellen angewiesen sind, bestehen somit bislang nur wenige Einsatzmöglichkeiten. Angesichts des Umstands, dass Stellen in der Sozialdiakonie kaum kombiniert werden können, bestehen somit nur wenige Möglichkeiten zur Vollzeiterwerbstätigkeit in der Sozialdiakonie

Im qualitativ orientierten Teil berichten die Mitgliedkirchen einhellig davon, wie anspruchsvoll die Stellenbesetzungen in der Sozialdiakonie sind. Neben dem Umstand, dass die Zahl der Bewerbungen gering ist, kommt hinzu, dass viele Interessierte die formellen Anforderungen nicht erfüllen. Darüber hinaus bestehen besondere Herausforderungen in ländlichen Gebieten und bei tiefen Stellenpensen.

Die kirchennahe Ausbildung sowie die staatliche Ausbildung mit kirchlicher Zusatzqualifikation sind zu ungefähr gleichen Teilen vertreten und können als die beiden zentralen Ausbildungswege für die Sozialdiakonie bezeichnet werden. Doch auch über den Weg der ausserordentlichen Zulassung sind knapp 50 Persinen in die Sozialdiakonie gelangt.

194 Personen verfügen über keine spezifische Anerkennung. Dazu zählen zahlreiche mitgezählte Personen in der Jugendarbeit, zum anderen Personen aus Kantonalkirchen, in denen die Anerkennung zur Ordination oder Beauftragung nicht zwingend ist und der Weg dorthin mit hohen Anforderungen verbunden ist.

Folgerungen

Die Studie schliesst mit acht Folgerungen, die sich aus den Ergebnissen ziehen lassen. Besonders hervorzuheben sind der Bedarf, das Verhältnis zwischen Sozialdiakonie und Jugendarbeit präziser zu bestimmen sowie die Intensivierung der Instrumente zur Nachwuchsförderung im Bereich der Sozialdiakonie.

Vordringliche Aufgabe ist, die unterschiedlichen Auffassungen in der Verhältnisbestimmung von Sozialdiakonie und Jugendarbeit miteinander ins Gespräch zu bringen. Dabei betrifft die Aufabe das Amtsverständnis der evangelisch-reformierten Kirchen, so die Studie.

Wurden angesichts knapper werdender Ressourcen 2018 die Thesen aufgestellt, dass die Anzahl sozialdiakonischer Stellen reduziert oder durch strukturelle Reorganisation Mittel für neue Stellen frei würden, so können diese Thesen in der aktuellen Untersuchung nicht verifiziert werden, lautet eine weitere Folgerung.

Positiv sei zu würdigen, dass eine grosse Zahl von Anstellungsverhältnissen in der Sozialdiakonie über eine Anerkennung gemäss kantonalkirchnlichen Ämterordnungen verfüge, so die Studie weiter. Gleichzeitig seien die Zahlen von angestellten Personen ohne diese Anerkennung in einigen Kantonalkirchen nach wie vor hoch.

Die Aussagen der vorliegenden Erhebung verweisen mit grosser Dringlichkeit auf die Herausforderungen der Nachwuchsförderung, so die Studie weiter. Angesichts der anstehenden Pensionierungen in den kommenden zehn Jahren sind allein altersbeding jährlich rund 25 Anstellungsverhältnisse neu zu besetzen.

Die obigen Ausführungen haben auf eine Reihe von Herausforderungen verwiesen, vor die sich die Kirchgemeinden in Rekrutierungsprozessen gestellt sehen. Einige wie die geografische Lage sind kaum veränderbar, andere erscheinen eher hausgemacht, so die Studie. Zu fragen sei, ob die Kirchgemeinden mit geeigneten Mitteln und Instrumenten für die Bewerbungsprozesse unterstützt werden könnten.

Aus kantonalkirchlicher Warte kann konstatiert werden, dass sich vielerorts die Mitfinanzierung von Praktikums- oder berufsbegleitenden Stellen gut bewährt hat und interessierte Personen gewonnen werden konnten, heisst es weiter. Zu beobachten bleibe, woran es liegt, dass in einzelnen Kantonalkirchen das Pensum an mitfinanzierten Ausbildungsstellen nicht ausgeschöpft werden konnte.

Eine beträchtliche Zahl von Angestellten in der Sozialdiakonie arbeiten ohne Anerkennung, lautet eine weitere Beobachtung. Das könne in zweierlei Hinsicht gelesen werden. Auf der einen Seite sei zu fragen, ob eine derart grosse Zahl von Angestellten ohne Anerkennung nicht das Berufsprofil und den Mindeststandard schwäche. Auf der anderen Seite sei zu fragen, ob es über Anstellungsverhältnisse auch ausserhalb der Anerkennung gelingen könne, interessierte Personen in das Berufsfeld der Sozialdiakonie zu holen, was ausschliesslich über den Weg der Anerkennung gegebenenfalls nicht möglich wäre.