Aktuelle Zahlen zur Palliativpflege in der Schweiz

Aktuelle Zahlen zur Palliativpflege in der Schweiz

In der Palliativmedizin seien noch viele Aufgaben zu lösen, so das Nachrichtenportal SWI. Die Schweiz landet bei einer Studie zur Sterbequalität auf Platz 13 von 81.

Die Schweiz ist kein Musterland, wenn es um Sterben geht, so das Schweizer Nachrichtenportal SWI in einem Beitrag. So seien in der Palliativmedizin noch viele Aufgaben zu lösen. In einer aktuellen Studie zur Sterbequalität liege sie auf Platz 13 von 81 Ländern. An erster Stelle stehe das Vereinigte Königreich als Ursprungsland der Palliativmedizin. Mit einer Umfrage wurde laut Bericht die Qualität der Palliativversorgung auf Basis eines Fragebogens untersucht, der an Expertinnen und Experten in jedem Land verschickt wurde. Die Schweiz schneidet demnach in Bezug auf die psychische Betreuung der Patientinnen und Patienten nicht gut ab, ebenso wenig bezüglich der Möglichkeit, an einem Ort der Wahl wie einem Hospiz zu sterben.

In der Schweiz gebe es 393 spezialisierte und zertifizierte Palliativbetten. Gemäss der Europäischen Palliativ Care – Vereinigung müssten dies jedoch 870 Betten sein. Sechs Kantone verfügten über kein spezialisiertes Palliativbett. 2013 verfügten laut Bundesamt für Gesundheit 15 Kantone über ein kantonales Palliative-Care-Konzept oder eine Palliativ-Care-Strategie. 2023 sind dies laut Bundesamt bereits 23 Kantone. Die grosse Mehrheit lehne sich bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Konzepte an die Grundlagen aus der Nationalen Strategie Palliative Care 2010-2015 und der Plattform Palliative Care an, so das Bundesamt.

Von den aktuell 23 Kantonen mit einem Palliative-Care-Konzept oder einer Strategie stellen 15 Kantone für die konkrete Umsetzung personelle Ressourcen und finanzielle Mittel bereit; 7 Kantone setzen dafür nur finanzielle Mittel ein. Die jährlichen finanziellen Ausgaben variieren zwischen wenigen Tausend und mehreren Millionen Schweizer Franken, so das Bundesamt weiter.

Auch wenn sich in den letzten 10 Jahren die Palliative Care-Angebote und die regulatorischen Voraussetzungen zugunsten einer flächendeckenden Palliativversorgung entwickelt haben, sehen 19 Kantone laut Bericht weiterhin Finanzierungslücken bei der Finanzierung von Palliative Care Diese orten die Kantone insbesondere bei der spezialisierten Palliative Care in der Langzeitpflege und in der ambulanten Versorgung sowie für die Koordination der Palliativversorgung. Auch künftig seien auf allen Ebenen Anstrengungen erforderlich, damit alle Menschen Zugang zu qualitativ guter Palliative Care haben, betont entsprechend das Bundesamt für Gesundheit.

Die Beurteilungen des Umfangs der vorhandenen Palliative-Care-Angebote im Verhältnis zum Bedarf fallen zwischen Kantonen und Sektionen aufgrund ihrer verschiedenen Rollen erwartungsgemäss und wie auch bereits in der Befragung 2018 unterschiedlich aus, so die Studie des Bundesamtes für Gesundheit.

So erachteten rund 3/4 der Kantone erachten das Angebot in vielen Bereichen als passend oder bedarfsgerecht. Die grössten Angebotslücken nehmen die Kantone demnach in der spezialisierten Langzeitpflege und – etwas weniger ausgeprägt – in der spezialisierten ambulanten Versorgung wahr. Dies decke sich mit den Ergebnissen der Kantonsbefragung 2018.

Die regionalen und kantonalen Sektionen von palliative.ch hingegen beurteilen das Angebot in allen Bereichen als mehrheitlich zu klein, so die Studie weiter. Die grösste Lücke nehmen die Sektionen bei den Palliative-Care-Angeboten demnach in der allgemeinen Langzeitpflege wahr. Auch 2018 wurde hier die grösste Lücke identifiziert – gegenüber 2018 ist die Einschätzung der Sektionen aber leicht besser geworden.

Bei den Einschätzungen zur Qualität der Palliative-Care-Angebote gibt es zwischen Kantonen und Sektionen eine grössere Übereinstimmung hinsichtlich der Beurteilung der spezialisierten Angebote, so die Studie weiter. Die Qualität der spezialisierten Spitalversorgung und der spezialisierten ambulanten Versorgung finden beide mehrheitlich gut. Die Qualität in der spezialisierten Langzeitpflege wird hingegen nur von knapp einem Drittel der Kantone und gut einem Fünftel der Sektionen als gut eingestuft.

Deutlich kritischer als die Kantone beurteilen die Sektionen die Qualität der Angebote der allgemeinen Palliative Care in den verschiedenen Settings (Spital, Langzeit, ambulant). Auch in der Sektionsbefragung 2018 hat sich gezeigt, dass die Qualität im Bereich der spezialisierten Versorgung tendenziell höher eingeschätzt wird als in der allgemeinen Versorgung, so die Studie.

Laut einem Bericht der Universität Bern wollten zudem 70 Prozent der Menschen in der schweiz zu Hause sterben. In der Gruppe der unheilbar Kranken aber sterben laut Mitteilung 79 Prozent der Patientinnen und Patienten in Krankenhäusern oder Pflegeheimen.

Im Jahr 2018 wurden 12 Prozent der im Spital verstorbenen Personen palliativ betreut, mehr als 80 Prozent davon hatte Krebs. Die meisten palliativmedizinisch betreuten Menschen in der Schweiz sind Krebs-Patientinnen und Patienten. Gemäss Schätzungen hätten ca. 50’000 Personen Bedarf nach Palliative Care im Jahr 2020, und diese Zahl werde bis 2050 voraussichtlich auf 66’000 ansteigen, so der Bericht.

Die Palliativversorgung ist jedoch nach wie vor weder für Patient:innen noch für Angehörige der Gesundheitsberufe ein niederschwelliges Angebot. Zudem seien fast alle Einrichtungen, die Palliativpflege anbieten – darunter Spitäler, Pflegeheime, Spitex und Hospize – unterfinanziert, so der Bericht weiter.

Bis im Jahr 2050 werde der Palliative-Care-Bedarf um 25 bis 30 Prozent zunehmen, wobei der stärkste Anstieg bei den älteren Personen zu erwarten sei, so ein Grundlagenbericht des Meinungsforschungsinstituts Interface. Dies aufgrund der wachsenden Bevölkerung und dem steigenden Anteil älterer Menschen. Werden sich die Entwicklungen der letzten Jahre gleichermassen fortsetzen, werde der Anteil Personen über 65 Jahre um die Hälfte steigen, während sich der Anteil Personen über 80 Jahre verdoppeln werde, so das Institut weiter.

Mit zunehmendem Alter treten Mehrfacherkrankungen und Erkrankungen wie Demenz und Krebs auf. Gemäss jüngsten Prognosen für die Schweiz wird die Anzahl Personen, die an Demenz leiden, bis 2050 um 117 Prozent steigen, so Interface. Auch Krebserkrankungen treten mit zunehmendem Alter häufiger auf. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht demnach davon aus, dass sich die Zahl der Krebsfälle weltweit bis 2040 fast verdoppeln wird. Das bedeutet, dass in der Schweiz in Zukunft nicht nur mehr ältere Menschen, sondern auch mehr Menschen, die Pflege benötigen, leben.

Diese Entwicklungen gehen einher mit Schätzungen zum steigenden Bedarf an Alters- und Langzeitpflege des schweizerischen Gesundheitsobservatoriums, so Interface weiter. Das Obsan gehe davon aus, dass der Bedarf an Alters- und Langzeitpflege – je nach erwartetem Gesundheitszustand der Bevölkerung – bis im Jahr 2040 um 47,1 bis 64,7 Prozent steigen werde. Aufgrund der Verdoppelung der Anzahl Personen über 80 Jahre werde der grösste Anstieg in den Alters- und Pflegeheimen erwartet, gefolgt von der Spitex-Pflege und -Betreuung und betreuten Wohnformen.

Inwiefern sich diese Prognosen auf den Bedarf an Palliative Care auswirkten, sei derzeit nicht zu quantifizieren. Der zukünftige Palliative-Care-Bedarf und die Inanspruchnahme von entsprechenden Versorgungsstrukturen hingen unter anderem von der Gesundheit der Bevölkerung, individuellen Präferenzen der Patienteninnen und Patienten, der Qualität der einzelnen Versorgungsstrukturen, medizinischen Fortschritten, sozio-kulturellen Einflüssen und der regionalen Versorgungspolitik ab. Es sei gemäss Experteninnen  und Experten schwierig, die Wirkung dieser Einflüsse vorherzusagen.