Studie zum Religionswechsel als Herausforderung im Asylverfahren

9. Jun 2023

Was Behörden und Gerichte bei der Beurteilung der religiösen Konversion als Fluchtursache oder nachgelagerten Asylgrund beachten müssen, thematisiert eine aktuelle Studie der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz EKS.

Immer wieder vollziehen Menschen im Verlauf ihres Lebens einen Glaubenswechsel. Während solche Konversionsprozesse in der Schweiz durch die Glaubens- und Gewissensfreiheit geschützt sind, bringen sich damit Menschen in anderen Ländern in ernsthafte Gefahr, so die EKS in einer Medienmitteilung. Wer sich mit Konversion im Zusammenhang von Asylverfahren beschäftige, stosse unweigerlich auf komplexe Fragestellungen.

Mit den grossen Flüchtlingsströmen 2015 sei Religion im Kontext von Flucht und Asyl auch in der Schweiz verstärkt ins öffentliche und kirchliche Bewusstsein getreten, so die Mitteilung weiter. Kirchen und Kirchgemeinden begleiteten und unterstützten Geflüchtete in vielfältiger Weise darin, in der Schweiz Fuss zu fassen. Dadurch kämen sie mit Menschen in Berührung, in deren Leben ein Religionswechsel zur Frage und unter Umständen auch zur Antwort geworden sei.

Die Studie geht den Fragen nach, was aus christlicher und kirchlicher Sicht unter Konversion zu verstehen sei und wie Geflüchteten begegnet werden sollte, die sich für den christlichen Glauben interessieren oder sich sogar eine Taufe wünschen. Weiter wird die Fragestellung diskutiert, was Behörden und Gerichte bei der Beurteilung der religiösen Konversion als Fluchtursache oder nachgelagerten Asylgrund beachten müssen.

Mit der Studie «Religiöse Konversion. Theologische und rechtsethische Überlegungen zur Konversionsprüfung im Asylverfahren» legt die EKS laut Mitteilung ein Grundlagenpapier vor, das diesen Fragen aus unterschiedlichen Perspektiven vertieft nachgeht. Das Dokument richtet sich an ein inner- und ausserkirchliches Lesepublikum, das in seinem Alltag, seiner beruflichen und fachlichen Praxis mit dem Thema befasst ist. Zudem bietet der Text Anknüpfungspunkte für das Gespräch zwischen kirchlichen und religiösen Gruppen und Organisationen einerseits und den staatlichen Behörden andererseits. Die Studie diene der EKS als Ausgangspunkt für die weitere umfassende Auseinandersetzung mit dem Thema, heisst es weiter.

Konversionserzählungen bieten keine Antworten für Prüfungsszenarien, heisst es in der Studie. Sie hätten wesentlich Bekenntnischarakter, in dem in sehr disparater Weise ein religiöses Wissen zum Ausdruck kommen könne. Die persönliche Konstitution und biografische Situation, die sozialen und kulturellen Hintergründe der Person im Asylverfahren liessen stereotype Verallgemeinerungen nicht zu. Die besondere Herausforderung für die Entscheidungsträgerinnen und -träger in den Verfahren bestehe darin, die eigenen kulturellen und religiösen Vorverständnisse, Hintergründe und Erwartungen nicht auf die Person zu übertragen, über deren religiöse Konversion entschieden werde.