In jüngster Zeit seien mehrere Fälle von Geflüchteten bekannt geworden, die in Kroatien Folter und Misshandlungen durch Grenzschutz und Polizei erlebt hätten, und dennoch aus der Schweiz in das Land zurückgeführt geworden seien oder unmittelbar vor einer Zwangsrückführung stünden, so Amnesty in einer Medienmitteilung. Von einer Ausschaffung bedroht seien weiterhin auch Personen, die auf medizinische Behandlung angewiesen seien.
Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zeige, dass die grosse Mehrheit der Asylsuchenden, die über Kroatien in die Schweiz gelangten, Misshandlungen durch die Polizei geltend machten. Auch Amnesty Schweiz seien Fälle von Geflüchteten aus Ländern wie Afghanistan, der Türkei oder Burundi bekannt, die aufgrund der Dublin-III-Verordnung aus der Schweiz nach Kroatien zurückgeführt werden sollten, obwohl sie darlegten, dass sie von kroatischen Sicherheitskräften auf der Flucht willkürlich festgehalten, geschlagen oder erniedrigt worden seien.
Laut dem Staatssekretariat für Migration SEM wurden 2022 17 Dublin-Überstellungen nach Kroatien durchgeführt, so die Mitteilung weiter. Das Staatssekretariat argumentiere, es handle sich bei Kroatien um einen Rechtsstaat mit funktionierenden Polizeibehörden, Geflüchtete sollten sich im Fall von Misshandlungen an örtliche Aufsichtsbehörden wenden. Dabei würden jedoch die von internationalen Organisationen und Gerichten bestätigten, weit verbreiteten systematischen Menschenrechtsverletzungen durch die kroatischen Behörden völlig ausser Acht gelassen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) und der Europäische Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) hätten die von Menschenrechts- und Hilfsorganisationen wie Amnesty International dokumentierten illegale Praxis der Pushbacks und Polizeigewalt durch die kroatischen Behörden in Urteilen und Berichten bestätigt und Folter, Misshandlungen sowie die verbreitete Straflosigkeit bei Übergriffen gegen Geflüchtete scharf kritisiert, so Amnesty.
Die Zahl der Menschen, die über die sogenannte Balkanroute versuchten, in die EU zu gelangen, sei im Vergleich zu den Vorjahren aufgrund veränderter Fluchtrouten zurückgegangen. Übergriffe durch die kroatische Polizei fänden aber weiterhin statt. Laut dem Danish Refugee Council berichteten im Jahr 2022 3’461 Personen von illegalen Pushbacks nach Bosnien-Herzegowina. Viele der Geflüchteten seien dabei nach eigenen Angaben von der kroatischen Polizei körperlich misshandelt, erniedrigt oder willkürlich festgehalten worden.