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Bund zieht erste Bilanz zu beschleunigten Asylverfahren
Knapp ein Jahr nach Einführung des neuen Asylgesetzes zieht der Bund eine positive Bilanz der beschleunigten Verfahren. Die Flüchtlingshilfe hingegen sieht den Fokus der Behörden auf Beschleunigung auf Kosten von Fairness und Qualität.
Die Asylverfahren können beschleunigt im Durchschnitt innerhalb von 50 Tagen abgeschlossen werden, so das Staatssekretariat für Migration SEM in einer Medienmitteilung. Im erweiterten Verfahren dauert der Prozess demnach rund 100 Tage und im Dublin-Bereich noch 35 Tage. Vier von fünf Asylgesuchen werden im beschleunigten oder im Dublin-Verfahren behandelt.
Die Zahl der freiwilligen Ausreisen ist im neuen System um rund ein Drittel gestiegen, so das Staatssekretariat. Im Rahmen der neuen Verfahren werden sie von einer Rechtsvertretung über ihre Perspektiven informiert und haben Zugang zur Rückkehrberatung. Laut Mitteilung gilt hier ein degressives System: Je früher sich jemand zur Ausreise entschliesst, desto höher ist die Unterstützung. Hingegen werden im neuen System rund 33 Prozent der Entscheide vor dem Bundesverwaltungsgericht angefochten, mehr als im alten System mit 31 Prozent.
Es sei eine anspruchsvolle Aufgabe, genügend Ärztinnen und Ärzte zu finden, die innerhalb der knappen Fristen vertiefte medizinische Abklärungen vornehmen könnten, so das SEM. Das gleiche gelte für die Dolmetscherdienste. Im IT-Bereich arbeite man noch immer mit einer Reihe von Minimalstandards, die aufgebaut werden müssten. Auch bei der Zusammenarbeit mit den Rechtsvertretungen gelte es, Abläufe und Prozesse weiter einzuspielen und zu optimieren.
Der Fokus der Behörden liege auf der Beschleunigung auf Kosten von Fairness und Qualität der Verfahren, bilanziert dagegen die Schweizerische Flüchtlingshilfe SFH. Möglich seien die Verfahrenskürzungen nur, weil die Fristen über Gebühr verkürzt worden seien und die Behörden den bestehenden Handlungsspielraum im Einzelfall nicht nutzten.
Der enorme Zeitdruck belaste den Rechtsschutz, so die Flüchtlingshilfe in einer Medienmitteilung. Ungenügende Identifikation von Personen mit besonderen Bedürfnissen sowie mangelhafte und unvollständige Abklärungen des Sachverhaltes seien die Folge, fehlerhafte Asylentscheide das Ergebnis. Jede dritte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht sei erfolgreich. Das sei ein deutliches Indiz dafür, dass das forcierte Verfahrenstempo auf Kosten der Entscheidqualität gehe.
Die Flüchtlingshilfe fordert mehr Zeit bei den einzelnen Verfahrensschritten. Komplexe Fälle müssten zudem dem erweiterten Verfahren zugewiesen werden. Es brauche darüber hinaus einheitliche Prozessabläufe und Verbesserungen in der Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren.