Die Schweiz gründet eine nationale Menschenrechtsinstitution

Die Schweiz gründet eine nationale Menschenrechtsinstitution

Die Nationale Menschenrechtsinstitution der Schweiz NMRI wurde am 23. Mai 2023 gegründet. Mit ihrer Schaffung wird ein zwanzigjähriger politischer Prozess abgeschlossen, so der Bundesrat in einer Medienmitteilung.

Zu den Aufgaben der unabhängigen Institution gehören der Schutz und die Förderung der Menschenrechte in der Schweiz in Zusammenarbeit mit den Bundesbehörden, Kantonen und Gemeinden sowie mit weiteren relevanten Akteuren, so die Mitteilung.

Die Schaffung dieser Institution sei ein historischer Moment für die Schweiz und ein Meilenstein, nachdem das Thema über zwanzig Jahre auf der politischen Agenda gestanden habe. Die Menschenrechtsinstitution wird ihre Räumlichkeiten in der Nähe des Freiburger Bahnhofs beziehen. Die unabhängige Institution des öffentlichen Rechts wird mit etwa zehn Stellen starten.

Heute verfügen laut Mitteilung rund 120 Staaten, darunter fast alle europäischen Länder, über eine solche Institution, die sich auf die Pariser Grundsätze stützt gemäss Resolution der UNO-Generalversammlung von 1993. Im Einklang mit diesen Grundsätzen und dem Bundesgesetz über Massnahmen zur zivilen Friedensförderung und Stärkung der Menschenrechte werde die Institution auf eine breite soziale Vielfalt ihrer Mitglieder achten.

Mit der Gründung gewährleisteten der Bund und die Kantone dem Vorstand und seiner Präsidentin, Raphaela Cueni, die volle Unabhängigkeit, so die Mitteilung weiter. Die Aufgaben der Institution umfassen Information und Dokumentation, Forschung, Beratung sowie Menschenrechtsbildung und Sensibilisierungsarbeit in der Schweiz. Die NMRI entscheide allein darüber, wie sie ihre Aufgaben erfüllen und ihre Ressourcen nutzen wolle. Sie werde mit den Bundes- und Kantonsbehörden, aber auch mit Nichtregierungsorganisationen, dem Privatsektor, der Wissenschaft und internationalen Organisationen zusammenarbeiten.

Zudem werde die NMRI für den Austausch auf internationaler Ebene zuständig sein. Neben innerstaatlichen Menschenrechtsfragen enthält ihr Mandat demnach auch Fragen in Bezug auf die Umsetzung internationaler Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte in der Schweiz. Die Institution stärke dadurch auch die Glaubwürdigkeit der Schweizer Aussenpolitik, so der Bundesrat.

Die Menschenrechtsinstitution sei eine Chance, die Menschenrechte in der Schweiz systematischer und starker zu fördern, so Amnesty Schweiz in einer Mitteilung. Man erwarte, dass die Institution wirklich unabhängig werde.

Die Unabhängigkeit der Institution müsse bei der Ausarbeitung der Statuten und der Gründung der NMRI beachtet werden, so Amnesty weiter. Alle Akteure, von den Kantonen über Gemeinden, Städte bis hin zur Zivilgesellschaft, sollten in den Prozess eingebunden werden, damit eine starke und breit abgestützte Institution geschaffen werde.

Amnesty International hoffe, dass die NMRI die Umsetzung der Schweizer Menschenrechtsverpflichtungen vorantreiben werde. Eine unabhängige, starke und langfristig finanzierte NMRI könne die öffentliche Debatte in breiten Themenfeldern mit Fachwissen unterstützen, die Bevölkerung über Grund- und Menschenrechte informieren, sowie die Umsetzung der Menschenrechtsabkommen beobachten und so den Schutz der Menschenrechte aktiv fördern.

Es sei vom Gesetz her klar, dass die Schweizerische Menschenrechtsinstitution keine individuellen Klagen annehmen und keine Ombudsfunktion wahrnehmen könne, so Matthias Hui, Koordinator der NGO-Plattform Menschenrechte Schweiz und neu gewähltes Vorstandsmitglied der NMRI, in einem Beitrag auf humanrights.ch. Das werde viele Menschen enttäuschen, die hofften, dass sie als Opfer von Menschenrechtsverletzungen eine Institution erhielten, die sich für ihre persönlichen Rechte einsetzen oder sie sogar durchsetzen könne.

Das Budget von einer Million Franken jährlich entspreche dem Bundesbeitrag an das bisherige Pilotprojekt des Schweizerischen Kompetenzzentrums für Menschenrechte, so Matthias Hui weiter. Allerdings habe die SMRI nun per Gesetz ein viel, viel grösseres Pflichtenheft. Die Plattform Menschenrechte Schweiz habe ein Modellbudget von fünf Millionen Franken als minimale Basis für die zu leistende Arbeit errechnet.

Bei der kürzlichen UPR-Überprüfung der Schweiz 2023 im UNO-Menschenrechtsrat hätten sich viele Staaten kritisch angesichts der inadäquaten Finanzierung der Schweizerischen Menschenrechtsinstitution gezeigt, darunter Länder wie Deutschland, Liechtenstein oder Irland, die alle eine starke Menschenrechtsinstitution hätten. Angesichts dieser Finanzierung bestehe das Risiko, dass die SMRI zu Beginn den A-Status einer vollwertigen NMRI gemäss UNO-Prinzipien nicht erhalte.