Mittelmeer: Zahl unbegleiteter Minderjähriger steigt um 60 Prozent

2. Okt 2023

Die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die bei dem Versuch, das zentrale Mittelmeer von Nordafrika nach Europa zu überqueren, gestorben sind oder vermisst werden, hat sich diesen Sommer im Vergleich zum Vorjahressommer verdreifacht, so Unicef Schweiz. Es brauche eine europaweite Lösung, Kinder und Familien zu unterstützen.

Mehr als 11 600 Kinder und Jugendliche sind zwischen Januar und Mitte September 2023 ohne ihre Eltern oder andere sorgeberechtigte Personen über das zentrale Mittelmeer nach Italien gelangt, so Unicef Schweiz in einer Mitteilung. Die Zahl habe sich damit im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 60 Prozent erhöht. Zwischen Januar und Mitte September 2022 nahmen demnach rund 7 200 unbegleitete oder von ihren Eltern getrennte Kinder und Jugendliche die gefährliche Überfahrt auf sich.

Zwischen Juni und August 2023 seien mindestens 990 Menschen bei dem Versuch, das zentrale Mittelmeer zu überqueren, gestorben oder gälten als vermisst, darunter auch Kinder, so die Mitteilung weiter. Diese Zahl habe sich gegenüber dem Vorjahreszeitraum verdreifacht. Im Sommer 2022 seien mindestens 334 Menschen ums Leben gekommen. Bei vielen Schiffsunglücken gebe es keine Überlebenden oder sie würden nicht erfasst. Die tatsächliche Zahl der ums Leben gekommenen Menschen sei daher wahrscheinlich deutlich höher.

Kinder und Jugendliche, die es nach Europa schafften, werden zunächst an sogenannte Hotspots und von dort in Aufnahmeeinrichtungen gebracht, so Unicef Schweiz. Dabei handele es sich häufig um geschlossene Unterbringungen. In Italien befänden sich derzeit mehr als 21 700 unbegleitete Kinder und Jugendliche in diesen Einrichtungen; vor einem Jahr seien es 17 700 gewesen.

Im Einklang mit den Verpflichtungen aus dem Völkerrecht und der UN-Kinderrechtskonvention ruft UNICEF laut Mitteilung Regierungen dazu auf, sichere und geregelte Wege der Flucht und Migration zu schaffen und dafür zu sorgen, dass Kinder nicht in geschlossenen Einrichtungen festgehalten werden. Um Kindern auf der Flucht gezielter zu helfen und sie zu schützen, müssten nationale Kinderschutzsysteme gestärkt, die Koordination von Such- und Rettungseinsätzen verbessert und eine zeitnahe Ausschiffung an sicheren Orten sichergestellt werden.

Die derzeitige Debatte zwischen dem Europäischen Parlament und den EU-Mitgliedstaaten zur Migrations- und Asylpolitik biete eine Gelegenheit, die wichtigsten Grundsätze des Kinderschutzes zu bekräftigen und aufrechtzuerhalten sowie politische Massnahmen zu entwickeln, die die zahlreichen Verstösse gegen die Kinderrechte in Herkunfts-, Transit- und Ankunftsländern adressieren, so Unicef.