Demokratie und Menschenrechte geraten global immer stärker in Bedrängnis. Zu diesem Ergebnis kommt der achte „Atlas der Zivilgesellschaft“, den die deutsche Organisation Brot für die Welt am 2. Juni 2025 in Berlin vorgestellt hat. Das Werk stützt sich auf Daten des weltweiten Netzwerks CIVICUS und zeigt: Rund 85 Prozent der Weltbevölkerung – das entspricht etwa sieben Milliarden Menschen – leben in Staaten, in denen der Handlungsspielraum zivilgesellschaftlicher Akteurinnen und Akteure erheblich eingeschränkt, unterdrückt oder gar vollständig geschlossen ist. Schwerpunkt des aktuellen Atlas ist der wachsende Angriff auf rechtsstaatliche Prinzipien, den viele Regierungen nutzen, um Kritik zu unterdrücken.
„Demokratie und Menschenrechte werden weltweit in einer Weise angegriffen, wie wir es seit Jahrzehnten nicht erlebt haben“, betont Brot für die Welt-Präsidentin Dagmar Pruin. Eine freie Zivilgesellschaft sei „der Schlüssel“ zum Schutz demokratischer Strukturen, so die Meldung. Der Atlas ordnet die Länder in fünf Kategorien ein, von „offen“ bis „geschlossen“. Deutschland bleibt wie im Vorjahr lediglich „beeinträchtigt“ und liegt damit nur noch eine Stufe über den strikt repressiven Staaten. Pruin fordert von der Bundesregierung, das zivilgesellschaftliche Engagement im In- und Ausland konsequent zu schützen.
Ein besonders drastisches Beispiel liefert Georgien: Dort zwingt seit 2024 ein „Gesetz zur Transparenz ausländischer Einflussnahme“ Nichtregierungsorganisationen und Medien bei ausländischer Finanzierung zur Registrierung als „Ausländische Agenten“. Wer sich nicht selbst einträgt, wird zwangsregistriert und muss mit hohen Strafen rechnen. Die georgische Regierung geht gegen Proteste mit zunehmender Härte vor. Insgesamt verschlechterte sich die Lage 2024 in neun Ländern, darunter auch Kenia und Peru; ein repressives NGO-Gesetz trat etwa in Ruanda in Kraft.
Doch die Zivilgesellschaft reagiert: In Kenia errangen zehn Frauen, die im öffentlichen Nahverkehr geschlechtsspezifische Gewalt erlitten hatten, vor Gericht Schadenersatz. Der Atlas führt dieses Urteil als Beispiel für strategische Prozessführung an, mit der Aktivistinnen und Aktivisten soziale Rechte durchsetzen. Pruin sieht darin „ein mächtiges Instrument“, gesellschaftliche Fortschritte trotz staatlicher Blockaden zu erzwingen.
Der CIVICUS-Monitor listet aktuell nur noch 40 Staaten mit „offenem“ zivilgesellschaftlichem Raum auf, darunter Uruguay, Island und Kanada – ein leichter Anstieg gegenüber dem Vorjahr. 42 Länder gelten als „beeinträchtigt“, 35 als „beschränkt“, 51 als „unterdrückt“ und 29 als „geschlossen“. Während die Niederlande, Georgien oder Kenia zurückgestuft wurden, verbesserten sich unter anderem Polen, Japan und Jamaika. Dennoch zeigt der Atlas, dass der globale Trend zur Einschränkung bürgerlicher Freiheiten ungebrochen ist. Brot für die Welt ruft deshalb staatliche wie internationale Akteurinnen und Akteure dazu auf, den Rechtsstaat zu verteidigen und zivilgesellschaftliche Räume auszubauen.