Angesichts einer «alarmierenden Anzahl Femizide» in der Schweiz hat der für die Umsetzung der Istanbul-Konvention zuständige Ausschuss eine erste Zwischenbilanz zu drei im Juni beschlossenen Sofortmassnahmen gezogen. Die Datenlage unterstreicht den Handlungsdruck: 2024 registrierte die Polizei 21 127 Straftaten im Bereich häuslicher Gewalt, ein Plus von sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr; laut Nichtregierungsorganisationen ist 2025 auch die Zahl der Femizide gestiegen, heisst es in der Mitteilung des Bundes. Ziel der Massnahmen sei es, die Sicherheit von Frauen und Mädchen zu erhöhen – mit Schwerpunkten beim Schutz Betroffener, in der Prävention sowie in der Aus- und Weiterbildung von Fachpersonen.
Kernstück ist die Entwicklung regionaler Lösungen, um Lücken bei Schutz- und Notunterkünften zu schliessen. Der Bundesrat hat die Botschaft zur Teilrevision des Opferhilfegesetzes verabschiedet; sie verankert eine Verpflichtung der Kantone, ausreichend Schutz- und Notplätze sowie Anschlusslösungen bereitzustellen. Parallel dazu legt eine von der Schweizerischen Konferenz der Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren einberufene Arbeitsgruppe der SODK der Plenarversammlung am 7. November 2025 Vorschläge zur Genehmigung vor. Angestrebt werden inklusivere Angebote, ein Ausbau von Anschlusslösungen nach Aufenthalten in Schutzunterkünften und eine stärkere regionale Zusammenarbeit – Punkte, die bereits frühere Analysen von SODK und Bundesrat als Herausforderungen identifiziert hatten.
Besondere Aufmerksamkeit gilt den Trennungsphasen, die als Hochrisiko gelten. Der überarbeitete Leitfaden «Kontakt nach häuslicher Gewalt?» der Schweizerischen Konferenz gegen Häusliche Gewalt wird gemeinsam mit einem spezifischen Erkennungsinstrument schweizweit ausgerollt; Letzteres hat sich im Kanton Waadt bereits bewährt. Ergänzend werden Minimalstandards für weitere Berufsgruppen bereitgestellt – namentlich für die Soziale Arbeit sowie für Psychiatrie und Psychologie. Diese ergänzen bestehende Standards in Recht und Gesundheitsberufen. Bund und Kantone unterstützen die Verankerung in den zuständigen Fachgremien. «Trennungen sind Hochrisikophasen; häusliche Gewalt in solchen Phasen zu erkennen, kann Leben retten», heisst es in der Mitteilung.
Um künftig systematisch aus Fällen zu lernen, bereiten die Behörden eine interinstitutionelle Femizid-Analyse vor. Die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren überprüft dafür die Qualitätsstandards im kantonalen Bedrohungsmanagement und entwickelt gesetzliche Grundlagen gegen häusliche Gewalt weiter – etwa mit besserem Informationsaustausch zwischen Behörden. Das Bundesamt für Statistik veröffentlicht im November 2025 eine Sonderauswertung sämtlicher Tötungsdelikte 2019–2023, um Tatumstände und Ursachen vertieft zu beleuchten. Diese Schritte fügen sich in die seit 2018 laufende Umsetzung der Istanbul-Konvention ein, inklusive Nationalem Aktionsplan und Roadmap gegen häusliche Gewalt; 2026 ist eine Schlussbilanz geplant. Zudem startet am 11. November 2025 unter der Schirmherrschaft von Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider eine nationale, mehrjährige Präventionskampagne gegen häusliche, sexualisierte und geschlechtsbezogene Gewalt.
